Die Nachhaltigkeit steht nach wie vor im Fokus im Lebensmittelbereich. Happy Aging ist der neue Megatrend. Snacking wird immer wichtiger. Beeinflusser/innen auf Social Media spielen eine wichtige Rolle – dies das Fazit für unsere Branche vom Swiss Forum Agro. Food. vom 8. Mai in Bern, wo die Teilnehmenden die Trendentwicklung diskutierten.
Mit der Veränderung der Esskultur beschäftigten sich die Referentinnen und Referenten am Swiss Forum Agro.Food in Bern von vergangener Woche. Führende Wirtschaftspersönlichkeiten verrieten Trends, sprachen über Innovationen und Nachhaltigkeit.
Gesellschaftliche Veränderung
«Happy Aging ist der neue Megatrend», bestätigt Nestlé-CEO Mark Schneider. Er nannte in diesem Zusammenhang fünf grosse Themen: Gewichtsreduktion, Blutzuckerspiegel, der Mangel an Proteinen und Mikronährstoffen sowie die Tatsache, dass dem Körper im Alter zu wenig Flüssigkeit zugeführt wird. Bis vor ein paar Jahren bildete noch die Säuglings-/Kindernahrung bei Nestlé einer der strategischen Schwerpunkte. «Die grossen Wachstumsraten finden heute nicht mehr zu Beginn, sondern am Ende des Lebens statt», liess Schneider durchblicken. Denn die Geburtenraten sinken. Damit verändere sich die Gesellschaft. Die Anteile der sogenannten Boomer-Jahrgänge werden grösser. Das Bewusstsein, dass eine gesunde Ernährung zu einer verlangsamten Alterung und einer höheren Lebensqualität führen kann, sei präsent. Deshalb werde die Forschungs- und Entwicklungsarbeit in diesem Bereich stark gefördert. Schneider erwähnte ebenfalls die Kaufkraft der über 50-Jährigen und damit verbunden die kommerzielle Attraktivität dieser Konsumentengruppe.
Nachhaltige Ernährung – aber wie?
«Systemwandel statt Klimawandel» unter diesem Titel referierte Christine Schäfer, Senior Research beim Gottlieb Duttweiler Institute (GDI). Sie präsentierte in diesem Zusammenhang einige Umfragezahlen: Für 84 % der Schweizer/innen ist die Ernährung wichtig, wichtiger als die Gesundheit und der Sport. «Das überrascht uns nicht», kommentierte Christine Schäfer das Resultat. «Was wir essen, beeinflusst unseren Charakter und unser Wohlbefinden, körperlich wie auch mental.» Doch sie erinnerte daran, dass je nach dem, was wir essen, auch die Umwelt stärker belastet wird.
Dazu wurden die Konsument/innen ebenfalls befragt. Nur eine geringe Zahl (17 %) der Teilnehmenden beantwortete Wissensfragen zum nachhaltigen Essen korrekt. Auch bei der Frage, was für die Menschen bei der Ernährung besonders wichtig ist, nannten nur 20 % die Umwelt und das Klima. Der Geschmack figuriert an erster Stelle mit 58 %, gefolgt vom Nährstoffgehalt (52 %) und der Herkunft (47 %). «Wir wissen nicht nur wenig über Nachhaltigkeit, wir geben ihr auch kaum Priorität», stellte Christine Schäfer fest. «Der Weg zu einem zukunftsfähigen Ernährungssystem ist lang.» Was den Konsument/innen helfen würde, sich gesünder zu ernähren, war eine weitere Frage. 58 % wünschten sich günstigere Preise sowie je 37 % eine eindeutigere Kennzeichnung, eine bessere Verfügbarkeit und eine grössere Auswahl. Das Fazit von Christine Schäfer: Konsument/innen seien gefangen im System. Es sei an der Politik, die Rahmenbedingungen festzulegen. Sie zählte zudem verschiedene Punkte auf, die Trends beeinflussen wie den aktivistischen Konsum (z.B. Black Lives Matter), Gesundheit, Creator Economy (Menschen, die auf Social media Inhalte kreieren) oder Politik.
Mach den Trend zum Freund
Für Urs Riedener, Verwaltungsratspräsident von Emmi, stimmt die Bezeichnung der Nachhaltigkeit als Trend nicht mehr ganz: «Sie sollte Teil des Geschäftsmodells sein.» Die Esskultur habe sicher verändert und werde sich weiter verändern. Er erinnerte an die neuen Technologien zur Fermentation und für Cultured Meat. Es gebe weniger Hauptmahlzeiten, die Menschen würden immer häufiger und in kleineren Portionen essen. Waren früher das Frühstück, das Mittag- und das Abendessen massgebend, hat heute das Frühstück an Bedeutung verloren und das Abendessen an Wichtigkeit gewonnen. Das sogenannte Snacking sei heute im Trend, mit mehreren Snacks am Vormittag, Nachmittag und zu später Abendstunde. Riedener erwähnte in seinem Referat ebenfalls den demografischen Wandel. «Active Aging» sei im Trend. «Make the trend your friend (Mach den Trend zu deinem Freund)», gab er den Teilnehmenden mit auf den Weg, denn wenn das Gegenteil der Fall sei, werde die Zukunft schwierig.
Claudia Vernocchi