Dieses Jahr gab es im Detailhandel aufgrund von Covid-19 kein praktisches QV. Berufsbildnerinnen von drei Aargauer Ausbildungsbetrieben haben deshalb beschlossen, mit ihren Lernenden eine interne «Abschlussprüfung» durchzuführen.

Grosse Enttäuschung für den Verkauf: Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) entschied im Mai, bei den Lernenden im Detailhandel – im Gegensatz zur Produktion – dieses Jahr wegen Corona keine praktische Lehrabschlussprüfung durchzuführen.

Diese Absage löste verschiedene Reaktionen aus. Zwei Ausbildungsbetriebe im Kanton Aargau führten trotz allem ein praktisches QV mit ihren Lernenden durch. In einem anderen durfte die angehende Detailhandelsfachfrau den Schautisch aufstellen. Ein solches Engagement macht die Aargauer Chefexpertin und ZV-Mitglied Barbara Richner stolz: «Ich erhielt Fotos und Videobotschaften von den Lernenden und war ‹übersät› von Glücksgefühlen. So eine Wertschätzung von den Berufsbildenden für die Lernenden berührte mich, erfüllte mich mit grosser Freude.

Ich danke allen Lehrbetrieben, dass sie junge Menschen zu Verkaufsprofis ausbilden. Es ist so wichtig, denn nur so finden wir auch in Zukunft qualifiziertes Personal!»

«panissimo» fragte bei den Berufsbilderinnen und ihren Lernenden nach, wie sie diese aussergewöhnliche Situation erlebt haben.

Bäckerei-Konditorei Stutz, Widen
Berufsbildnerin: Letizia Romano

Mir war es wichtig, dass Valeria trotzdem eine praktische Prüfung «ablegen» konnte. Ich wollte vor allem nicht, dass Valeria die letzten Wochen etwas zu locker nimmt, wenn keine praktische Prüfung stattfindet. Sie hat sich gut darauf vorbereitet. Ich war positiv überrascht, wie ernst Valeria und Kelvin es genommen haben und sich wirklich bemüht haben.

Lernende: Valeria Di Sevo

Dank dieser praktischen Prüfung konnte ich besser sehen, was ich wirklich alles kann. Die Bewertung durch eine externe Person weist ein umfassenderes Bild meiner Fähigkeiten aus. So weiss ich auch, wo ich nach zwei Jahren Ausbildung stehe.

Bäckerei-Konditorei Stutz, Unterlunkhofen:
Berufsbildnerin: Cristina Estevam

Kelvin Germann konnte bei uns ein praktisches QV «pro forma» durchführen, so dass er wusste, wie es hätte «laufen» können …
Die Vorbereitung für dieses praktische QV hat sich für alle «gelohnt». Wir als Berufsbildende sehen, wo die Lernenden stehen und wo wir uns noch verbessern können. Denn: Wir haben nie ausgelernt. Das betriebsinterne QV war anspruchsvoll, da wir uns mit der Kollegin, die als Expertin dieses QV durchgeführt hat, vorbereitet haben usw.
Kelvin war für mich der erste Lernende. Es war darum auch wichtig, dass ich ein Feedback erhalte, ob die Begleitung in der Ausbildung durch mich auch wirklich gut ist oder … Es ist für mich eine Bestätigung für meine Rolle als Berufsbildnerin. Da ich das erste Mal als Berufsbildnerin einen Lernenden begleitet hatte, wusste ich auch nicht zu 100 %, auf was ich alles achten musste und ob die Vorbereitung von meiner Seite auch wirklich gut war.

Lernender: Kelvin Germann

Zuerst war ich nicht traurig, aber dann kam ein komisches Gefühl auf. Ich war dann doch froh, dass wir intern eine praktische Prüfung durchgeführt haben. Ich konnte sehen, wie ich abgeschnitten hätte, wenn es eine normale praktische Prüfung gegeben hätte – ungefähr …

Verantw. Personal: Doris Herzog

Ich habe dieses interne praktische QV ebenfalls «mitbegleitet», und für mich war es eine der besten Weiterbildungen für unsere Berufsbildnerinnen. Sie haben so viel gelernt mit der Vorbereitung auf dieses internen QV und bei der Prüfungsabnahme. Cristina Estevam war bei Valeria Di Sevo im Kafi dabei und Letizia Romano hier bei uns bei unserem Lernenden Kelvin Germann.

Landbeck AG, Aarau
Berufsbildnerin: Corina Weibel

Meine Lernende Jasmin Fischer hat sich während der ganzen Lehrzeit darauf vorbereitet. Das Ziel einer Ausbildung ist schlussendlich eine gute Detailhandelsfachfrau zu werden und gut für die Berufswelt vorbereitet zu sein. Und natürlich das QV erfolgreich zu bestehen.
Es war trotz allem spannend und interessant und alle haben eine positive Erfahrung gemacht.

Lernende: Jasmin Fischer

Ja ich war enttäuscht, weil ich mich schon darauf vorbereitet hatte. Auch für mein Schaufenstertisch war fast alles fertig. Ich denke, man spürt nach erfolgreichem Abschluss der praktischen Prüfung einen gewissen Berufsstolz. Es hat mir eine Idee gegeben, wie eine Prüfung hätte sein können.

Beck Arnet GmbH, Baden
Berufsbildnerin: Beatrix Graf

Da ich das QV als wichtigen und prägenden Einschnitt im Leben eines Heranwachsenden sehe, war ich der Ansicht, dass es schade wäre, wenn Erica um diese wichtige Erfahrung wegen der Pandemie geprellt wird. Wir sind sehr stolz auf sie und es war eine Freude, ihre Entwicklung während der Ausbildung, unterstützt durch unsere sehr engagierte Berufsbildnerin Beatrix Amstutz, begleiten zu dürfen.
Das betriebsinterne QV habe ich als grossartige Erfahrung wahrgenommen, die sich auch sehr auf den ganzen Betrieb ausgewirkt hat. In der Produktion wurden sehr eifrig und mit viel Freude die passenden Produkte gebacken, damit Erica eine schöne Warenpräsentation kreieren konnte.
Es entstanden positive Vibes, die in einer schwierigen Zeit wie Corona sehr wertvoll sind. Für mich war es auch sehr spannend, einmal die Rolle einer Expertin übernehmen zu dürfen und die Arbeit von Erica zu bewerten.

Lernende: Erica Sousa

Traurig war ich nicht gerade, aber etwas betrübt, da ich die Prüfung gerne absolviert hätte. In der Schule war es schon seit längerem Gesprächsthema, dass wegen Corona die Prüfung eventuell nicht stattfinden wird. Ich empfand es als ein komisches Gefühl, das Büchlein in der Hand zu halten, ohne etwas dafür tun zu müssen. Fühlt sich irgendwie wertlos an.
Ich konnte trotz Corona den Ablauf, den ich bereits geplant hatte, durchführen und war sehr gespannt auf die Reaktionen. Für mich war es wie eine richtige Prüfung, und ich konnte sehen, dass es mehr erfordert, als ich mir gedacht hatte. Es hat mir aber Spass gemacht, und am Ende war ich auch sehr stolz auf meine Leistung.
Grosse Freude hat mir ebenfalls die Sprachnachricht der Aus­bildungsverantwortlichen Barbara Richner gemacht. Das war sehr nett und ein grossartiges Gefühl.

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