Der Schweizer Volkswirtschaft entgehen durch hohe Schweiz-Zuschläge ausländischer Hersteller und Händler jedes Jahr Milliardenbeträge. Das zeigt eine Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz. Der frühere Preisüberwacher Rudolf Strahm schätzt den Verlust für die ganze Volkswirtschaft auf rund 15 Mrd. CHF pro Jahr

Eine von der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) im Auftrag des Vereins «Stop der Hochpreisinsel – für faire Preise» durchgeführte Studie ergab grosse Preisunterschiede zwischen der Schweiz und dem Ausland. Der Fokus der von Prof. Dr. Mathias Binswanger geleiteten Studie lag auf den Branchen Gastronomie, Gesundheitswesen sowie Forschung und Bildung.
Im Konsumgüterbereich wurden die Bereiche Mode, Kosmetika, Kontaktlinsen, Babynahrung und Windeln untersucht. Das Resultat: Schweizer Nachfrager bezahlen deutlich mehr als jene im Ausland.

Milliarden-Sparpotenzial

Das Sparpotenzial ist hoch. Alleine in den analysierten Bereichen bezahlen Schweizer Nachfrager pro Jahr 3,33 Mrd. CHF zu viel. Jede in der Schweizer wohnhafte Person könnte jährlich mindestens 280 CHF sparen. Aber ausländische Hersteller und Händler weigern sich, Kunden aus der Schweiz direkt zu beliefern. Stattdessen verweisen sie diese auf ihre Schweizer Niederlassungen oder Webportale. Dort werden überhöhte Preise verlangt und die Schweizer Kaufkraft gezielt abgeschöpft. Oft bestehen keine Ausweichmöglichkeiten für Nachfrager aus der Schweiz. So sind das Gewerbe, aber auch Spitäler und die Konsumentinnen und Konsumenten gezwungen, für importierte Waren und Dienstleistungen einen Schweiz-Zuschlag zu bezahlen. Gegenüber der ausländischen Kundschaft sind sie benachteiligt.

KMU zahlen Schweiz-Zuschläge

Zu den Verlierern der Schweiz-Zuschläge gehören die KMU. Die Hotellerie und Gastronomie sind stark betroffen. Das Gastgewerbe bezahlt für Geräte, Hilfsmittel und nichtalkoholische Getränke jährlich rund 290 Mio. CHF zu viel. Dazu kommen weitere, in der Studie nicht berücksichtigte Importgüter. GastroSuisse-Präsident Casimir Platzer: «Die unfairen Schweiz-Zuschläge diskriminieren Schweizer Betriebe gegenüber der ausländischen Konkurrenz. Darunter leiden die hiesigen Hotel- und Gastrobetriebe und der Tourismusstandort Schweiz.» Doch auch unsere Branche ist vom Preisdiktat betroffen. Deshalb ist der Schweizerische Bäcker-Confiseurmeister-Verband (SBC) im Initiativkomitee vertreten. SBC-Direktor Urs Wellauer: «Unsere Mitglieder werden gegenüber den Bäckereien-Confiserien im angrenzenden Ausland benachteiligt!»

Hohe Beschaffungskosten

Spitäler erfahren durch die fehlende Beschaffungsfreiheit laut der Studie Mehrkosten von 600 Mio. CHF pro Jahr. «Schweiz-Zuschläge verteuern das Gesundheitswesen und erhöhen die Prämien», erklärt Rolf Zehnder, Direktor des Kantonsspitals Winter­thur. Dieses untersuchte Preise von über 1500 verschiedenen medizinischen Verbrauchsgütern. Im Durchschnitt sind die Preise in der Schweiz um über ein Drittel höher als im angrenzenden Ausland.

Kleider 20 % teurer

Das grösste Sparpotenzial für Konsumenten besteht bei der Bekleidung. Im Durchschnitt kosten Kleidungsstücke in der Schweiz 20 % mehr als in Deutschland. Damit entgehen der Schweiz jährlich 1,9 Mrd. CHF. Bei Körper- und Gesichtspflege inkl. Sonnenschutzmitteln beträgt das jährliche Sparpotenzial 292 Mio. CHF, bei Parfüm 149 Mio. CHF und bei Windeln und Babynahrung 78 Mio. CHF.

Politik muss handeln

Die Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz macht deutlich: Die Schweiz-Zuschläge verteuern die Beschaffung von Gütern für Konsumentinnen und Konsumenten, Gewerbe und öffentliche Hand massiv. Die vorliegende Untersuchung beleuchtet nur einen kleinen Ausschnitt. Gemäss Alt-Nationalrat Rudolf Strahm betragen die Schäden für die ganze Schweizer Volkswirtschaft ein Vielfaches: «Ich gehe von einem jährlichen gesamtwirtschaftlichen Schaden von 15 Mrd. CHF aus.» Aus Sicht von Mathias Binswanger, Professor für Volkswirtschaft an der FHNW, ist klar: «Für Unternehmen, öffentliche Einrichtungen sowie Konsumentinnen und Konsumenten muss es möglich werden, im Ausland zu den dort angebotenen Marktpreisen einzukaufen.» Dafür sorgt die eidgenössische Volksinitiative «Stop der Hochpreisinsel – für faire Preise» (Fair-Preis-Initiative). Sie verlangt von der Politik griffige Instrumente gegen die ungerechtfertigten Schweiz-Zuschläge. Am 9. März berät der Nationalrat die Initiative. Er hat es in der Hand, für faire Preise zu sorgen.

Alle Informationen zur Initiative:www.fair-preis-initiative.ch
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