Der Zürcher Bäcker-Confiseurmeister-Verband engagiert sich aktiv gegen die hohe Zahl von Lehrabbrüchen. In Kooperation mit dem Mittelschul- und Berufsbildungsamt des Kantons sind seit 2015 in heiklen Situa­tionen während der Lehre sechs erfahrene Ausbildner mit Erfolg als Mentoren tätig, darunter Ernst Hotz.

Nicht nur zu Beginn der Lehrzeit erfolgen viele Lehrabbrüche, berichtet Ernst Hotz. Bei vielen Lernenden lässt die Motivation für die Ausbildung und die Verlässlichkeit besonders im dritten Lehrjahr nach, wenn sie volljährig geworden sind und mehr den Ausgang oder das Auto im Kopf haben als die Lehre.
Ernst Hotz, Inhaber der gleichnamigen Bäckerei-Konditorei-Confiserie-Cafeteria in Dübendorf, kam bisher zweimal zum Einsatz. Beide Male führten bereits einige Gespräche und Telefonate – zuerst mit Lernendem und Ausbildner getrennt, dann zusammen – zur Klärung der Situation. Im Durchschnitt waren pro Mentoring drei Gespräche und etwa acht bis zehn Telefonate nötig. So ist das Engagement zeitlich auch für Hotz als Inhaber einer mittelgrossen Firma mit acht Verkaufsstellen zu bewältigen.
Eine von ihm den Beteiligten im gemeinsamen Gespräch vorgeschlagene und von beiden Seiten unterzeichnete Zielvereinbarung beruhigte die Lage in beiden Fällen. Hotz rief dann jeweils noch etwa alle zwei Wochen an um abzuklären, ob das Einhalten der eingegangenen Verpflichtungen und das vielleicht nötige Nachholen von Versäumtem klappt. Beide betreuten Lernenden schlossen ihre Grundbildung inzwischen ab, einer hängte sogar eine Zusatzlehre an.
Doch nicht immer ist die Bereitschaft zum Gespräch da: Ein drittes Mentoring kam nicht zustande, weil die betroffene Lernende auf Kontaktbemühungen nicht antwortete.

Engagement des Kantons

Die Einsätze werden für die Bäcker-Confiseur-Branche durch Marcus Schmid vom Mittelschul- und Berufsbildungsamt des Kantons Zürich koordiniert. Er kann bei Problemen kontaktiert werden und schaltet dann eine Mentorin oder einen Mentor ein. Der kantonale Berufsbildungsfonds bezahlt diesen die eingesetzte Zeit. Der Kanton ist daran interessiert, dass Lernende ihre Ausbildung beenden

«Es geht nicht um Schuldzuweisungen, sondern um Lösungen.»

und nicht von öffentlicher Unterstützung abhängig werden. Seit Projektbeginn wurden 25 Lernenden und fünf Berufsbildner mit einem Mentoring begleitet. Die Erfolgsquote beträgt rund 90 %. Die Fleischbranche lies sich vom erfolgreichen Mentoringprojekt unserer Branche inspirieren und baute Anfang 2018 ein eigenes Projekt auf.

Neutrale Vermittlung

Es ist wichtig, dass ein Mentor neutral und unabhängig ist. So kann er Vertrauen aufbauen. Erst so kann der oder die Lernende das Herz ausschütten und eine Lösung gefunden werden. «Man merkt es, wenn ein Lernender eingeschüchtert ist», erklärt Hotz. Um einen Ausweg zu finden sei es wichtig, dass dieser ehrlich werde. Hotz lässt sich vom Ausbildner zudem den Lehrbetrieb zeigen. So wie es unmotivierte und nachlässige Lernende gibt, gibt es nach Ansicht des Bäckermeisters auch Betriebe, die besser keine Lernenden ausbilden sollten. Es gibt sogar einzelne Firmen, denen der Kanton dies untersagt hat. Meistens ist die Situation aber nicht so verfahren, dass kein Ausweg gefunden werden könnte.
Als einstiger Kantonalpräsident der Zürcher Bäcker kennt Hotz die Ausbildner. Und als Betriebsinhaber weiss er um mögliche Hochs und Tiefs von Lernenden. Er hat kein Problem damit, als neutraler Vermittler zu wirken. «Als Mentor bin ich eine neutrale Person, ob ein Gesprächspartner nun ein guter Kollege ist oder nicht», erklärt Hotz. Es gehe ja nicht um Schuldzuweisungen, sondern um Lösungen. Um sich ein Bild zu machen, kontaktiert er jeweils den Berufsbildner sowie den Lernenden und dessen Eltern, bevor er sich Gedanken um eine Zielvereinbarung zur Lösung der Situation macht.

Gespräch suchen

Mentoren kommen erst zum Zug, wenn das Gespräch zwischen den Betroffenen und der Einbezug des Fachlehrers, der beide kennt, nicht weiterführen. Hotz rät Lernenden in schwierigen Situationen, rechtzeitig solche Gespräche zu führen.
Wenn ein Lehrabbruch droht, sind für Hotz aber der Kontakt zum Berufsbildungsamt und die Inanspruchnahme des Mentorings angezeigt. Bisher nahmen in 80 % der Fälle Ausbildner Kontakt mit dem Berufsbildungsamt auf, in 20 % Lernende. Hotz wünscht sich, dass dieses in seinem Kanton erfolgreich geprüfte Konzept möglichst in der ganzen Schweiz eingeführt wird, damit möglichst viele Lehrabbrüche in unserer Branche vermieden werden können. Christof Erne

Das Mentoringprojekt wurde im «Schulblatt» des Kantons Zürich vorgestellt. Download des Artikels via bit.ly/2QlLkKT.

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