Seit über einem Jahr stellt ein Virus unseren Alltag auf den Kopf – privat und beruflich. Wie sieht das im Detailhandel auf der einen und anderen Seite der Verkaufstheke aus? Ein Gespräch mit Margrit Saudan, Chefexpertin der Romandie, zeigt die Erfahrungen von ihr und ihren Kolleginnen.

Margrit Saudan verkauft mit Schwung und freudigem Blick. So könne sie auch durch die Maske lächeln.

Die Corona-Pandemie und die Schutzmassnahmen dagegen haben den Alltag von praktisch der ganzen Menschheit verändert. Das Tragen von Hygienemasken schockiert niemanden mehr. Es geschieht aber ab und zu, dass ein Kunde ohne Maske einen Laden betritt. Hatte das Verkaufspersonal zu Beginn der Maskenpflicht das Gefühl, «eher Polizistin als Verkäuferin zu sein», so änderte sich dies nach Margrit Saudan mit der Zeit: «In jeder Situation finden wir eine freundliche oder humorvolle Bemerkung, um an die Regeln zu erinnern. (…) Es ist beinahe ein neues Mittel, um ein Verkaufsgespräch in guter Stimmung zu beginnen.»

Gute Atmosphäre schaffen

Die Personenbeschränkung im Laden verlangt vom Verkaufspersonal, die richtige Haltung einzunehmen, wenn es die Kundschaft um Geduld bitten muss. «Wir finden dabei Lösungen, damit dies in einer angenehmen Atmosphäre geschehen kann. Ein sanfter Blick bringt oft mehr als viele Worte!»
Ein sorgfältiges Achten auf die verbale und nonverbale Kommunikation ist nach den Monaten der eingeschränkten Kontakte umso wichtiger. Die Mitarbeitenden der Bäckereien-Confiserien müssen ab und zu in die Rolle von «Sozialarbeiterinnen» schlüpfen. «Die Menschen in unserem Laden haben

«Die Menschen im Laden haben manchmal niemand anderen als uns, dem sie sich anvertrauen können.»

manchmal niemand anderen als uns, mit dem sie sprechen und dem sie sich anvertrauen können.» Trotz allen guten Willens des Verkaufspersonals fehle diesem aber gelegentlich die Zeit dafür, weiss Margrit Saudan.

Erschwerte Kommunikation

Degustationen werden immer mehr durch Erklärungen ersetzt. Es brauche gute Argumente, um Produktneuheiten mit Überzeugung zu verkaufen. Masken und Plexiglaswände erleichterten die Kommunikation auch nicht. «Manchmal verführt uns das zu einem Austausch, der keinen Sinn macht: Ein ‹carré au lait› (eine Milchbrötchen) wird dann auf einmal zum ‹café au lait›», amusiert sich die Geschäftsfrau.

Nicht nur Degustationen werden wegen Corona zur Mangelware, auch die Anzahl an Selbstbedienungsartikeln wurde eingeschränkt. Das ist ein Vorteil bezüglich der Bruchgefahr, hat aber auch Nachteile: «Wenn man etwas nicht in die Hand nimmt, zögert man eher mit dem Kauf.» Dagegen erhöhte sich der Verkauf von Patisserie in dieser schwierigen Zeit. Das gleiche den genannten Nachteil aus.

Infolge der Pandemie nahm die Bezahlung mit Karte statt mit Bargeld zu. «Damit hat es weniger Geld in den Kassen. Das verringert den Aufwand fürs Zählen am Ende des Tages und spart damit Zeit. Ich hoffe, dass dies so bleibt.» Für gute Konditionen ist aber der Kontakt mit den Kartenanbietern wichtig.

Pandemie prägt die Stimmung

Die Chefexpertin stellt schliesslich eine gewisse Schwierigkeit beim Aufrechterhalten der guten Stimmung im Alltag fest. Die Cafés verloren fast von einem Tag auf den anderen ihre Gäste und ihr Leben. Dazu kommt eine gewisse Einsam-

«Was wir lieben, sind unsere Kundinnen und Kunden. Ohne die Cafés ist die Beziehung zu ihnen schwierig.»

keit und Isolierung der Mitarbeitenden wegen deren Stundeneinteilung. «Es ist darum nicht selbstverständlich, die Motivation zu finden. Was wir lieben, sind unsere Kundinnen und Kunden. Und ohne die Cafés ist die Beziehung zu ihnen schwierig», folgert Margrit Saudan abschliessend.

Der Hintergrund

Die Schilderungen von Margrit Saudan (Saudan Zurbuchen SA, Freiburg) sind eine Zusammenfassung der Diskussionen mit ihren Expertenkolleginnen
in der Romandie: Florence Aebischer, Cristiana Alves, Angélique Jannuzzo, Snezana Malinov, Elsa Mendez und Anh Nguyen.

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