Der Roggenanbau und die gemeinschaftliche Roggenbrotherstellung ist im Oberwallis, namentlich im Goms oberhalb von Brig, stark verankert und Teil des Kulturguts. Zeitweise waren die Getreidefelder jedoch fast ganz verschwunden. Wie kam es dazu und welchen Stellenwert hat der Roggen heute in der Gesellschaft?

Warum wird der Roggen ausgerechnet im Wallis, dem «Garten Eden» der Schweiz, angebaut? Der Roggen ist ein sehr resistentes Getreide, das trockene Sommer, aber auch harte Winter problemlos übersteht. Entsprechend ist das Klima im Wallis perfekt für das traditionsreiche Getreide. Zudem ist Roggen das einzige Getreide, das in grosser Höhe angebaut werden kann (früher auf 2200 m ü. M. in der Region von Findelen bei Zermatt). Die harten klimatischen Bedingungen zwangen die Bergbauern also praktisch, Roggen für die tägliche Ernährung anzubauen.

Aufgrund der tiefen Preise ging die Roggenproduktion im Wallis bis 1998 jedoch stark zurück. Um dem entgegenzuwirken, haben sich Akteure der Branche zur Vereinigung Walliser Roggenbrot AOP zusammengetan und das Walliser Roggenbrot AOP (früher AOC) bis über die Landesgrenzen hinaus bekannt gemacht. Das Bundesamt für Landwirtschaft hat 2004 auf Initiative von Walliser Bauern, Müllern und Bäckern die Bezeichnung «Walliser Roggenbrot» ins Register der Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben eingetragen. 50 Bäckereien sind bereits zertifiziert. Nur wer zertifiziert ist, darf sein Roggenbrot unter diesem Label verkaufen. So verhilft die Roggenproduktion der Bergzone zu wirtschaftlicher Tätigkeit und dezentraler Beschäftigung. Diese Kultur trägt zum Schutz der Landschaft bei und sichert mit der Nutzung alter Mühlen und gemeinschaftlich betriebener Dorföfen wichtiges Walliser Kulturgut.

Was bedeutet das Label AOP?

Nur wenige Schweizer Produkte werden so hergestellt und tragen die geschützten Qualitätszeichen AOP und IGP. Produkte mit einer AOP (Appellation d’Origine Protégée) oder IGP (Indication Géographique Protégée) sind traditionelle Spezialitäten, die eine starke Verbindung zu ihrer Ursprungsregion haben. Bei Produkten mit einer AOP-Auszeichnung kommt vom Rohstoff über die Verarbeitung bis zum Endprodukt alles aus einer klar definierten Ursprungsregion. So darf zur Herstellung von Walliser Roggenbrot ausschliesslich im Wallis produzierter Roggen verwendet werden. Dieser wird anschliessend in einer lokalen Mühle gemahlen und vom Walliser Bäcker nach klaren Vorgaben zu Roggenbrot weiterverarbeitet. Damit die Walliser Roggenproduktion auch weiterhin floriert und die Qualität gewährleistet werden kann, ist das Gütesiegel für das Walliser Roggenbrot von grosser Bedeutung.

Bedeutung für den Tourismus

Der Roggenanbau und die gemeinschaftliche Roggenbrotherstellung sind besonders im Oberwallis stark verankert und Teil eines überlieferten Kulturguts. Im Goms oberhalb von Brig bauen Einheimische und Touristen gemeinsam Roggen an, mahlen Mehl und backen Brote. Für die Lagerung des Korns wurde ein jahrhundertealter Stadel gekauft und im Rahmen eines Projekts der Schweizer Berghilfe für die zeitgemässen Bedürfnisse nutzbar gemacht. Mit diesem Stadel ist es nun möglich, vom Anbau bis zur Verarbeitung alles selbst machen und diesen Kreislauf erst noch allen Interessierten aufzeigen zu können.

Auch auf den Terrassen bei Erschmatt bei Leuk kommen die Besucherinnen und Besucher nicht zu kurz: Bis heute wird dort Roggen angepflanzt, in der Dorfmühle wird er gemahlen und dann zum traditionellen Walliser Roggenbrot verarbeitet. An «Backtagen» erleben Gäste so den Weg vom Korn bis zum Brot mit. Sie degustieren dabei verschiedene Sorten und backen ihr eigenes Brot.

Korrigenda: Dinkel statt Roggen
Das Titelbild von «panissimo» 17/2017 sollte ein Walliser Roggenfeld darstellen. Aus Unachtsamkeit von mehreren Seiten ist aber leider die Foto eines Dinkelfelds hineingerutscht. Wir bitten besonders die Walliser um Verzeihung für den ungewollten Fehler

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