Clément Bouteiller und Christophe Delasalle leiten die Bäckerei Boulan’Tine in Troistorrents (VS). Ihre Regale und Vitrinen bieten ein Sortiment an regionalen Spezialitäten sowie andere, die an ihre französischen Wurzeln erinnern. Die beiden Partner setzen auf Qualität, Gastfreundschaft und Zusammenarbeit. Die Rechnung geht auf: Der Umsatz hat sich innerhalb eines Jahres verdoppelt.

Die Bäckerei und das Tearoom in Troistorrents haben einen neuen Look bekommen: Im letzten Jahr haben zwei Franzosen das Ruder übernommen. Ausser einigen Paris-Brest, Vanilleflans und Kouignamann (Bretonischer Butterkuchen), die manchmal in den Auslagen liegen, ist es unmöglich, ihre Herkunft zu erraten. Clément Bouteiller und Christophe Delasalle leben seit fast einem Jahrzehnt in der Schweiz. Der erste, von Beruf Schreiner, lernte den zweiten, der Konditor ist, in Leytron (VS) kennen. Delasalle erzählt: «Ich absolvierte dort mein letztes Jahr als Compagnon du devoir im ‹Le Délice› bei Albert Michellod. Nach drei Monaten brach ich meine Gesellenzeit ab, um dort zu bleiben.» Er blieb acht Jahre, bevor er 2022 dem Ruf der Unabhängigkeit folgte: eine Backstube in Troistorrents, um Backwaren, Bisquits und Confituren auf Märkten zu verkaufen.

Der Ruf der Gemeinde

Ein Teil seiner Kundinnen und Kunden, darunter die Gemeindepräsidentin, schlugen ihm vor, die Bäckerei zu übernehmen; für den Unternehmer, Anfang 30, war es schwierig zu kaufen. Er gründete daher zusammen mit den neuen Gebäudebesitzern eine GmbH. Gemeinsam liessen sie sich von Proback beraten. «Arbeitssicherheit, Hygiene, Buchhaltung, Personal … Das hat uns besonders beim Start des Unternehmens geholfen.» Einige Monate später zogen es die Eigentümer vor auszusteigen, da sie nicht vom Fach waren. Clément Bouteiller übernahm ihre Anteile. Heute kümmert er sich um die Verwaltung, die Kommunikation und den Verkauf.

Die Einwohner/innen spielten sofort mit. «Sie waren sehr glücklich, ihr Geschäft wieder zu haben, und haben uns zahlreich unterstützt», erklärt Delasalle und sein Partner fügt hinzu: «Vielen war es jedoch wichtig zu wissen, dass alles hausgemacht ist.»

Regionales Miteinander

Neben der Herstellung vor Ort und der Verwendung lokaler Rohstoffe achten die beiden Männer auch auf die Dekoration. Das Thema des Schaufensters wechselt etwa alle sechs Wochen. «Ambiente und Qualität gehören zusammen. (…) Wenn die Leute ausser Haus gehen, um einen Kaffee zu trinken, dann gibt es dort etwas, das sie daheim nicht haben. Sie kennen zum Beispiel die Betreiber oder können sich mit der Verkäuferin unterhalten», präzisiert der Konditor. Es ist also kein Zufall, dass die Chefs bei der Zusammenstellung ihres Teams grossen Wert darauf gelegt haben, Einheimische einzustellen.

Christophe Delasalle (links) und Clément Bouteiller

«Um ein Dorf am Laufen zu halten, müssen alle miteinander auskommen.»

Christophe Delasalle

Die gleiche Strategie verfolgen sie auch bei den Lieferanten. Wenn immer möglich, arbeiten sie mit regionalen Unternehmen zusammen. Um ihre Aperitif-Angebote am Wochenende zu begleiten, wählen sie jeden Monat eine anderen Winzer als Partner. Im Gegenzug nimmt der Winzer gelegentlich ihren Catering-Service in Anspruch. Und es kommt nicht in Frage, dass sich die Händler untereinander ausspielen. So wurden während der Übertragung der EM-Spiele auf Grossbildschirmen Pizzen angeboten. Sie stammten nicht aus der eigenen Backstube, sondern von der Pizzeria um die Ecke, die ihre Glacen von der Boulan’Tine bezieht. «Um ein Dorf am Laufen zu halten, müssen alle miteinander auskommen», fasst Christophe Delasalle zusammen.

Fast eine Stunde für Croissants

Nicht nur die Dorfbewohnenden gehen ein und aus. Es zieht auch Kosument/innen aus der Region an. «Am Sonntag nehmen sich einige von ihnen ohne zu zögern die Zeit, 45 Minuten zu fahren, um Croissants zu kaufen.» Das Geschäft befindet sich an einer Strasse, die zu Ferienorten führt, und in der Nähe von 200 Parkplätzen liegt. Folglich machen viele Tourist/innen dort eine Pause, sowohl im Sommer als auch im Winter. Die Waren der beiden leidenschaftlichen Branchenleuten sind zudem in zwei Hotels, einem Laden und einer Sandwich-Bar zu finden.

Um sich abzuheben, bieten die zwei Kollegen auch Lebensmittel wie Confituren und Bisquits an. In Chamoson (VS) serviert ein Gastronom diese zum Kaffee am Ende der Essens. Er hatte die Idee, eine Visitenkarte der Bäckerei beizulegen. Diese Initiative sorgt dafür, dass mindestens einmal pro Woche Feinschmecker die Boulan’Tine besuchen. «Kürzlich hatten Polizisten sogar ihre Patrouille so organisiert, dass sie vorbeikommen konnten.» Indem er diese Spezialitäten anbietet, sieht Christophe Delasalle darin eine potenzielle Chance der artisanalen Betriebe. «All diese Waren, die es immer seltener gibt und die in den grossen Supermärkten ganz anders schmecken, können uns retten. Zu Fasnacht stellen wir zum Beispiel ‹Fasnachtschüechli› her; solche kleinen Dinge machen uns bekannt und bringen uns Kundschaft.»

Was die Zukunft betrifft, so planen die beiden Wahl-Walliser keine Filiale zu eröffnen: «Uns wurde eine angeboten, aber wir haben abgelehnt. Wir ziehen es bei weitem vor, unsere Kund/innen zu binden und zu verwöhnen, indem wir unser Snackangebot erweitern, anstatt einen weiteren Laden zu betreiben!»

laboulantine.ch

Johann Ruppen

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