Die Walliser Bäcker-Konditorin Christine Pfyffer erfüllte sich mit der Berufsprüfung einen Traum. Aber der Weg dorthin war lang, im wahrsten Sinne des Wortes.

Ich wusste am Ende der Schulzeit nicht recht, welchen Beruf ich er­lernen wollte, aber nach ein paar Schnuppertagen in der Bäckerei Wüst in Gampel entschied ich mich, die Lehre als Bäcker-Konditorin zu machen.
2001 begann ich also die dreijährige Ausbildung. Mir gefiel die Arbeit sehr, das Kreative, die Produkte, das Handwerk. Nach erfolgreichem Lehrabschluss konnte ich im April 2005 an der Westschweizer und Tessiner Meisterschaft für Bäcker-Konditoren teilnehmen und belegte den zweiten Platz. Verschiedene Berufsleute empfahlen mir schon damals, weiterzumachen und die Berufsprüfung (BP) zu absolvieren. Dieser Gedanke liess mich nicht mehr los, doch es verging noch einige Zeit, bis ich dann wirklich den Anlauf dazu nehmen sollte …

«Die Leidenschaft für meinen Beruf erlosch nie.»

Ich arbeitete nach meiner Lehre noch fünf Jahre als Bäcker-Konditorin. Dann wollte ich die Branche wechseln, um etwas anderes zu machen: vier Jahre war ich bei der Firma Synthes in Raron (VS) angestellt, wo ich im Zweischichtbetrieb Philosplatten angefertigt habe. Anschliessend war ich ein Jahr als Filialleiterin in einem Uhren- und Schmuckgeschäft tätig und machte erste Führungserfahrungen. So musste ich an den Wochenenden nicht mehr arbeiten, konnte meinen Hobbys nachgehen, mit der Familie und meinen Freunden etwas unternehmen und hatte keine unregelmässigen Arbeitszeiten mehr.
Aber die Leidenschaft für meinen Beruf erlosch nie, immer wieder besuchte ich kulinarische Weiterbildungskurse zu Themen wie Schokolade, Marzipan, Zucker usw.
Die Sehnsucht nach meinem Beruf wurde wieder grösser, und ich entschied mich, zu meiner erlernten Berufung zurückzukehren. 2015 erhielt ich die Chance, mich beim Partyservice und Catering Gaumenzauber in Brig weiterzuentwickeln, wo ich für die Patisserie verantwortlich war.

Immer wieder spielte ich mit dem Gedanken, mich in als Bäcker-Konditorin weiterzubilden. «Nun probiere es doch mal», motivierte mich meine Familie, und so besuchte ich 2016 die Info-Veranstaltung zur Berufsprüfung (BP) in der Richemont Fachschule in Luzern. 2017, also sechzehn Jahre nach dem Beginn meiner ersten Ausbildung, startete ich tatsächlich mit den Vorbereitungskursen. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete ich noch zu 100 % beim Partyservice und war auf der Suche nach einer Stelle in einer Bäckerei, denn Aufgrund der fehlenden technischen Einrichtungen hätte ich die praktische Prüfung hier nicht ablegen können. Ab November 2017 konnte ich deshalb wieder in meinen Lehrbetrieb, die Feinbäckerei Wüst in Gampel (VS), zurückkehren.

Die zwei Jahre Vorbereitung auf die Berufsprüfung waren eine strenge Zeit! Ich war mit Arbeiten, Schule und Lernen so sehr beschäftigt, dass ich für Freundinnen und Freunde kaum noch Zeit hatte. Ich wohne in Bitsch, arbeitete in Gampel und besuchte die Schule in Luzern. Den langen Reiseweg machte ich jedes Mal mit dem Auto und habe so auch viel Zeit auf den Schweizer Strassen und Pässen verbracht. Ohne die grosse Unterstützung meiner Familie, meines Partners, meiner Beihilfe Andrea Zenhäusern, all meinen Arbeitskolleginnen und -kollegen und Chefs hätte ich es wohl nicht geschafft.

«Es würde vielen Arbeitgebern guttun, einen Kurs in Mitarbeiterführung zu besuchen!»

Aber dieser Weg hat sich gelohnt! Ich habe viel gelernt und erfahren. Früher betrachtete ich ei­niges nur aus der Sicht einer Arbeitnehmerin, heute sehe ich manche Dinge mit anderen Augen und damit auch aus der Sicht einer Arbeitgeberin. Neben dem Fachwissen lernte ich ebenfalls den Umgang mit Mitarbeitenden oder Lernenden und viel Wertvolles über die Gesprächsführung. Darauf wird generell zu wenig geachtet, und es würde vielen Arbeitgebern guttun, einen Kurs in Mitarbeiterführung zu besuchen!

Wertvoll ist ebenfalls das Netzwerk. Mit meinen Schulkolleginnen und -kollegen habe ich auch nach erfolgreichem Abschluss immer noch Kontakt. Wir waren eine super Klasse, und wenn ich Fragen hatte, konnte ich mich immer an jemanden wenden. Es sind alles motivierte Fachleute, und alle waren füreinander da.
Jetzt bin ich wieder zu 100 % zurück im Gaumenzauber, leite nun die grösser gewordene Patisserie-Abteilung und kann das in der Schule Gelernte umsetzen. Und auch der weite Weg vom Wallis nach Luzern könnte mich in Zukunft nicht davon abhalten, vielleicht doch noch die Höhere Fachprüfung (HFP) abzulegen …

Christine Pfyffer

2001: dreijährige Lehre als Bäcker-Konditorin, Feinbäckerei Wüst, Gampel
ab 2004: verschiedene Bäckereien
2005: zweite an der Westschweizer und Tessiner Meisterschaft für Bäcker-Konditoren
2009: Maschinenbedienerin, Synthes in Raron
2013: Filialleiterin Uhren- und Schmuckgeschäft
2015: Partyservice und Catering Gaumenzauber in Brig
2017: Start der Vorbereitungskurse zur Berufsprüfung
2019: Erfolgreich bestandene Berufsprüfung

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