2018 erhielt Joël Grandjean, Bäcker-Konditor-Confiseur aus Romont (FR), den Titel als Lehrmeister des Jahres. Er ist von seinem Beruf und ausserdem vom Judo begeistert. In beiden Bereichen legt er viel Wert auf das Vermitteln und den Austausch von Wissen.

«Firma oder Judo – ich bilde Menschen aus (…) und auch Ausbildner.» Mit diesen Worten definiert sich Joël Grandjean, der Lehrmeister des Jahres 2018 in unserer Branche. Der Bäcker-Confiseur aus Romont hat bisher um die hundert Lernende ausgebildet. Sein Betrieb beschäftigt heute vier Lernende in der Produktion und drei im Verkauf.

Eine Torte, ein Auto, ein Wecker

Dass er Brötchen und Anisbrötchen nach Hause brachte, ist seine erste Erinnerung an seine Schnupperlehre. «Ich war stolz zu Hause mitzuteilen, dass ich diese von A bis Z selbst gemacht habe.» Später hat er in etwas angepasster Form auch in seinem späteren Lehrbetrieb so gearbeitet. Die Schnupperlernenden stellen selbst Produkte her, darunter eine Torte, die sie mitnehmen können. «Das ist auch ein Mittel, um passionierte Menschen zu entdecken. Sie haben die Möglichkeit Tortendekors einzusetzen. Einige nutzen diese, andere versuchen eine eigene Dekoration zu kreieren.» Einer von ihnen hat zum Beispiel ein Auto und einen Wecker gestaltet. «Er tat dies als Dank für seine Mutter, die um 5 Uhr früh aufgestanden ist und ihn zur Schnupperlehre gefahren hat.» Das hat Grandjean dazu veranlasst, den jungen Mann als Lehrling einzustellen.

Vertrauen geben

Die Freude am Lernen hat Grandjean dank eines Lehrers am Ende der Primaschulzeit entdeckt: «Bis dahin ging ich zur Schule, weil ich musste. Dann gab es einen Klick. Dieser Lehrer sagte uns immer: ‹Ihr seid fähig dazu, ihr könnt es besser machen›. Er sagte nie, wir seien nicht gut. Er schaffte es, uns Selbstvertrauen zu geben.»
Die mentale Vorbereitung ist ein wichtiges Merkmal in der Ausbildung. Der Bäcker-Confiseur lernte dies 1974 anlässlich der Schweizer Meisterschaft der jungen Bäcker-
Konditor-Confiseure. «Ich kannte meine Rezepte auswendig. Doch ich bereite mich nicht genügend
darauf vor, diese ausserhalb meiner gewohnten Backstube umzusetzen. Im Richemont angekommen, war ich ein wenig verloren.» Einige Jahre später hat er seinem Sohn beigebracht, wie man sich gut vorbereitet. David Grandjean wurde 2006 Schweizer Meister.

Zuhören, zur Verfügung stehen

Ob es um Judo, Wissenschaft oder die Produktion von Brötchen geht: In der Ausbildung müssen die Auszubildenden sensibilisiert werden, meint Grandjean. Dies geht nicht ohne das Zuhören und das Zur-Verfügung-Stehen. Diese Merkmale sind beim Ausbildner aus Romont zu spüren und wurden auch von der Jury des Lehrmeisters des Jahres gewürdigt. Die Zeiten, als der Patron sich über Angestellte oder Lernende wegen eines Fehlers beklagten, sind vorbei. «Es ist nicht nötig ihnen zu sagen, dass die Gipfeli verbrannt oder das Brot zu wenig aufgegangen ist. Sie sehen es selbst. Man muss sie nach dem Grund fragen und den Fehler korrigieren lassen. Wenn sie dies nicht schaffen, können wir es gemeinsam tun. Ein Ausbildner muss den jungen Leuten helfen, ihre Kompetenzen zu entwickeln. Es liegt an ihm herauszufinden, zu was sie fähig sind.» Der Patron hat diese Haltung mit seinem gesamten Personal übernommen. Er zieht es beispielsweise vor, dass seine Kaderleute das Wochenprogramm organisieren, statt es ihnen vorzusagen. «Sie regeln die Personalplanung ihren Wünschen und den zeitlichen Vorgaben entsprechend.»

Lebenskompetenz

Natürlich muss man es jemandem sagen, wenn man mit ihm nicht einverstanden ist, aber in der passenden Art. Respekt und Anerkennung müssen da sein. Wie einige seiner Berufskollegen musste auch Grandjean Lernende entlassen: «Man muss immer versuchen, dies zu erklären.» Die Ruhe zu bewahren ist manchmal nicht einfach, aber das ergibt sich mit der Zeit. «Am Anfang meiner Karriere war ich temperamentvoller als heute. (…) Dann stellt man fest, dass es nicht schneller geht, wenn man sich aufregt. (…) Mit den Jahren wird man ruhiger. Das Judo hat mir dabei viel geholfen», erklärt er.
Ein Lehrmeister muss drei Dinge vermitteln: das Wissen, das Know-how und als Wichtigstes die Lebenskompetenz. «Auch wenn ein Lernender am Morgen nicht so gut drauf ist, muss er doch zur Arbeit gehen. Sonst haben seine Kollegen ein Problem. Diesen Teamgeist müssen wir vermitteln.» Das gilt für alle gut gemachten Arbeiten, ob
sie einfach sind oder nicht: «Man wischt die Backstube nicht, weil man muss, sondern damit sie sauber wird.» Eine Bäckerei-Confiserie bestellt kein Putzinstitut, jeder ist für seinen Posten verantwortlich…

Die Fortsetzung finden Sie im «panissimo» Nr. 15 vom 26. Juli 2019.

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