«So ein Blödsinn!», schimpft Karl bei seinen Arbeitskollegen. «Jetzt muss ich schon wieder zu dieser Untersuchung für Nacht- und Schichtarbeit. Ich weiss gar nicht, warum ich da alle zwei Jahre hin muss. Mir geht es gut, ich bin ja gesund!».

«So ein Blödsinn!», schimpft Karl bei seinen Arbeitskollegen. «Jetzt muss ich schon wieder zu dieser Untersuchung für Nacht- und Schichtarbeit. Ich weiss gar nicht, warum ich da alle zwei Jahre hin muss. Mir geht es gut, ich bin ja gesund!».

Ist das nötig?

Etwas unmutig sitzt Karl nach 14 Tagen beim Arzt: «Herr Doktor, sie kennen mich jetzt schon so lange. Ist das wirklich nötig?» Sein Arzt lacht kurz und meint: «Ja, es ist nötig. Arbeiten in der Nacht und in Schicht können Körper, psychische Gesundheit und soziales Umfeld belasten. Die gesundheitlichen Auswirkungen der Nachtarbeit werden oft unterschätzt. Wichtig ist, negative Auswirkungen zu vermindern und besonders die Gesundheit zu schützen. Wer in der Nacht arbeitet, hat ein höheres Risiko krank zu werden. Eine chronische Krankheit schreitet z. B. schneller voran. Wer mehr als 25 Nächte pro Kalenderjahr arbeitet, hat gemäss Gesetz Anrecht auf einen besonderen Schutz in Form einer regelmässigen medizinischen Untersuchung und Beratung. Kommen noch belastende oder gefährliche Situationen oder Tätigkeiten – etwa Alleinarbeit – dazu, ist diese Untersuchung obligatorisch.»

Die «innere Uhr»

Der Arzt führt weiter aus, weshalb die Schicht- und Nachtarbeit ein Problem für den Körper ist: Die «innere Uhr» gibt uns vor, am Tag wach zu sein und in der Nacht zu ruhen. Sie wird auch zirkadiane Rhythmik genannt. Der Mensch muss bei Umstellungen (z. B. Zeitumstellung im Frühjahr und Herbst, Fernflüge oder Schicht- und Nachtarbeit) seine individuelle Rhythmik mit der echten Zeit synchronisieren. Dabei unterstützen ihn v. a. die äusseren Zeitgeber wie die Uhrzeit, aber auch der Hell-Dunkel- und der Warm-Kalt-Wechsel im Tag-Nacht-Verlauf. Wir sind so ausgelegt, dass wir in der Nacht idealerweise schlafen und am Tag arbeiten. Viele Körperfunktionen sind an die «innere Uhr» gekoppelt: Die maximale Körpertemperatur ist zwischen 18 und 22 Uhr, das Minimum zwischen 3 und 6 Uhr. Die Herz- und Atemfrequenz ist tagsüber schneller als nachts. Die Verdauung arbeitet am Tag besser als in der Nacht. Die Muskulatur ist tagsüber auf Leistung, nachts auf Erholung eingestellt. Alle Körperrhythmen führen zu einer geringeren Leistungsbereitschaft in der Nacht. Einige Menschen arbeiten gut und gerne in der Nacht, anderen bereitet dies ausgesprochen Mühe. Für die meisten ist es anstrengend, in der Nacht wach zu bleiben und zu arbeiten. Wer nachts arbeitet, ist also gesundheitlich benachteiligt.

Müdigkeit und Schlafmangel

Das birgt gesundheitliche Risiken. Müdigkeit und Schlafmangel wirken sich zudem negativ auf die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit aus. Fehler, Unfälle und Absenzen kommen häufiger vor. Arbeiten entgegen der «inneren Uhr» ist belastend und kann die Gesundheit beeinträchtigen. Die häufigsten Beschwerden bei Schicht- und Nachtarbeit sind Schlafstörungen, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Magen-Darm-Beschwerden, innere Unruhe, Nervosität und Traurigkeit.
Arbeitet man über längere Zeit nachts, besteht zusätzlich ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Unfälle durch Übermüdung, gewisse Krebsarten (z. B. Brust- und Darmkrebs), psychische Krankheiten (z. B. Depression), Stoffwechselkrankheiten (z. B. Zuckerkrankheit) und Verdauungsbeschwerden (z. B. Magengeschwür).
Der Arzt nickt, als Karl ihm schildert, dass Auswirkungen der Schicht- und Nachtarbeit aufs persönliche Umfeld dazu führen, dass sozial wichtige Zeit knapp wird. Wer nur tagsüber arbeitet, hat am Abend in der Regel Zeit für soziale Kontakte, Weiterbildung oder Sport.
Die häufigsten Beschwerden bei der Nacht- und in Schichtarbeit sind Schlafstörungen und Müdigkeit. Nach einer Nachtschicht ist der Schlaf meist kürzer und der Tagesschlaf weist weniger Tiefschlaf- und Traumphasen auf. Für die körperliche Erholung ist der Tiefschlaf, für die geistige Erholung der Traumschlaf wichtig. Wesentliche Gründe für den weniger erholsamen Schlaf am Tag sind Störungen durch Lärm, Tageslicht und höhere Temperaturen. Störungen des Tagesschlafs führen nicht nur zu chronischer Müdigkeit, sie können auch weitere Folgen haben (z. B. Verstimmung). Umso wichtiger ist es, sich für den Schlaf am Tag eine optimale Umgebung zu schaffen.

Appetitlosigkeit und Magenbeschwerden

Schicht- und Nachtarbeitende klagen häufig über Appetitlosigkeit und Magenbeschwerden. Die Verdauung findet hauptsächlich am Tag statt, in der Nacht ist sie stark eingeschränkt. Schwere (fetthaltige) Mahlzeiten liegen daher in der Nacht unangenehm auf. Sehr oft fällt die Wahl auf stark zuckerhaltige Getränke oder Riegel. Diese führen dazu, dass der Zuckergehalt im Blut rasch ansteigt, aber nicht lange anhält. Doch der Körper benötigt auch bei Nacht­arbeit Energiequellen. Am besten eignet sich dafür eine leichte, ausgewogene Ernährung, die den Energiebedarf länger abdeckt. Die Mahlzeiten in der Nacht sollten darum in einer entspannenden Umgebung und ohne Zeitdruck stattfinden, möglichst mit Kolleginnen und Kollegen. Wenn der Betrieb eine Kantine hat, sollte sie auch nachts zur Verfügung stehen. Zumindest sollte der Aufenthaltsraum hell und freundlich gestaltet und mit den nötigen Einrichtungen für die Zubereitung und Verpflegung ausgerüstet sein: Kühlschrank, Mikrowellenofen oder Heizplatte, Abwaschbecken, Tisch und komfortable Stühle.

Verständnis

Innere Unruhe und Nervosität sind unter Schicht- und Nachtarbeitenden weit verbreitet. Gründe dafür liegen in der Schwierigkeit, mit dem «normalen» Leben Schritt halten zu können. Schicht- und Nachtarbeit reduzieren die gesellschaftlich nutzbare Freizeit. Umso mehr braucht es die Rücksichtnahme und das Verständnis der Umgebung. Eine hohe Flexibilität ist von allen Seiten gefordert. Das bedeutet, dass das offene Gespräch gesucht und gepflegt werden muss, um eine für alle befriedigende Situation zu schaffen.
Karl nickt. Er hat in dieser halben Stunde beim Arzt viel Nützliches erfahren und wird sich ab jetzt regelmässig untersuchen lassen. Zudem hat er nun wieder einen gültigen Eignungspass

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