«Bäckereidrachen» – unter diesem Titel lästerte eine Journalistin in der «Zuger Woche» über die «Bäckereiverkäuferinnen». Andrea Hotz (Bäckerei Hotz Rust, Baar) liess diesen Allgemeinrundschlag nicht auf den Detailhandelsfachfrauen in unserer Branche sitzen und wehrte sich – mit Erfolg.

Von der «Macht der Medien» ist oft zu hören. Doch mit geschicktem und diplomatischem Vorgehen kann daraus auch Kapital geschlagen werden, wie ein Beispiel zeigt:

Liebe Bäckereiverkäuferinnen …

«Hängt der Brotsegen schief?» stellte Regionaljournalistin Laura Hürlimann polemisch zu Beginn ihres Kommentars die Frage. «Liebe Bäckereiverkäuferinnen, ich glaube, einige von euch (Betonung auf einige) wissen nicht, wie ihr hinter der Ladentheke so wirkt», kritisierte sie weiter. Ihr sei bewusst, dass die Laune nicht immer auf Höchstform sein könne. Den Kunden solle man aber davor schützen. «Wenn ich schon beim Satz ‹wer isch dra?› unterschwellig höre, dass es euch wirklich gegen den Strich geht, jemandem sein Mittagessen einzupacken, dann bleibt zu Hause. Es braucht nicht allzu viel, um sympathisch und serviceorientiert zu wirken, und es tut mir wirklich leid, aber es macht mir keinen Spass mehr, mein Sandwich in der Bäckerei zu holen.»

Leserbrief als Antwort

Ganz schön schwere Kost. Was tun? Andrea Hotz entschied sich, einen Leserbrief zu schreiben und darin ihr Bedauern auszudrücken, dass die Autorin in den Bäckereien negative Erfahrungen mit Verkäuferinnen gemacht hat, findet es aber nicht richtig, «dass Sie mit Ihrem Bericht alle unsere motivierten Mitarbeitenden in den gleichen Topf werfen und eine ganze Branche schlecht reden. Es wäre ja meinerseits auch nicht richtig, wenn ich anhand eines oder mehrerer tendenziöser Zeitungsartikel alle Journalisten verurteile.» Als ehemalige Zuger Chefexpertin des Detailhandels unserer Branche garantiere sie, so Andrea Hotz weiter, dass nebst den Fachkenntnissen die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft an oberster Stelle der Ausbildung liegen. Zum Schluss lud sie die Journalistin in ihre Bäckerei ein, damit sie an einem Praktikumstag «unseren schönen und spannenden Beruf» kennen lernen kann.

Einladung an Journalistin

Doch leider kam auf diesen Leserbrief von Seiten der Redaktion keine Reaktion. Andrea Hotz liess die Angelegenheit vorerst ruhen. Im Rahmen des 10-Jahr-Jubiläums im Mai der Bäckerei Hotz Rust AG in Baar wandte sie sich direkt an die Journalistin Laura Hürlimann und wiederholte ihre Einladung mündlich, welche diese spontan annahm.

Beste Werbung

Die Reportage unter dem Titel «Alles andere als ein Bäckereidrachen» ist das Resultat dieses ein­tägigen Praktikums. Sie ist beste Werbung für unsere Branche. Kleine solche Mosaiksteine helfen mit, ein positives Image für unsere Branche zu schaffen beziehungsweise zu erhalten, bei den Kundinnen und Kunden, aber auch beim Nachwuchs.

Krisensituation genutzt

Ein negativer Kommentar über unsere Branche ist überzeugend von der Autorin korrigiert worden. Was bleibt ist ein positives und sympathisches Image unserer Branche. Eine Krisensituation konnte dank geschicktem Vorgehen gewinnbringend genutzt werden. Zudem konnte ein wertvoller Kontakt in die Redaktionsstube geschaffen werden, und bei anderen Gelegenheiten hat Andrea Hotz einen direkten Draht.

Claudia Vernocchi

Reportage aus der Bäckerei: Mit Engagement und Freude

Der Tag in der Bäckerei Hotz Rust begann um 5.45 Uhr morgens, und ich stand inmitten des Treibens und verkaufte Kaffee und Gipfeli.

Ich, Laura Hürlimann, verfasste im Januar dieses Jahres einen Kommentar (Zeitgeist) über unfreundliches Bäckereipersonal und nannte dieses kurzerhand «Bäckereidrachen». Andrea Hotz, die Verkaufsleiterin der Bäckerei Hotz Rust AG, antwortete mittels eines Leserbriefs auf diese Kolumne und lud mich zu einem Schnuppertag ein. Ich nahm die Einladung an und durfte für einen Tag Bäckereiluft schnuppern. Doch sind die Vorurteile ganz weg?

Tagwache 4.45 Uhr

Normalerweise beginnt mein Arbeitstag zwischen 8 und 9 Uhr. Doch letzten Donnerstag klingelte mich mein Radiowecker um 4.45 Uhr aus den Federn. Am Abend zuvor machte ich mir noch Gedanken, wie zum Teufel ich um diese Uhrzeit wohl aus dem Bett komme. Zu meinem Erstaunen ging es überraschend einfach. Ich bin noch schnell unter die Dusche gehüpft, habe mein Haar hochgesteckt, denn dies muss man aus hygienetechnischen Gründen so machen, und schwang mich auf mein Velo. Auf dem Weg sah ich noch meinen Bruder, der jeden Tag so früh raus muss – lieber er, als ich.

Als ich um 5.40 Uhr bei der Bäckerei ankam, begrüsste mich die Filialleiterin, Serena Asfaldo, herzlich und brachte mir ein weisses T-Shirt. Somit gehörte ich schon zum Team. Wenn Sie jetzt denken, wir waren die ersten im Laden, liegen Sie falsch. Die Bäcker und Confiseure sind seit 1 Uhr die fleissigen Heinzelmänner in der Backstube. Dort war es schon in den frühen Morgenstunden gefühlte 40 Grad heiss! Meine Schicht begann mit einem Rundgang, und dann durfte ich schon den ersten Kunden bedienen.

Achtung, fertig, Brötli

Serena Asfaldo, die schon in der Bäckerei Hotz Rust die Berufslehre absolvierte, betreute mich den ganzen Tag. Die Brotregale und Vitrinen waren grösstenteils noch leer, und wir mussten diese als Erstes auffüllen. Alle Brote, Sandwiches, Salate und vieles mehr sollen am richtigen Ort sein und den Kunden schmackhaft gemacht werden. Apropos Kunden, die ersten waren schon da, und ich durfte das Brot «einschwingen», gar nicht so einfach! Es soll ja auch verpackt schön aussehen.

Erfolgreiche Prüfung

Um 10 Uhr traf Michelle Hürlimann ein. Sie ist im 3. Lehrjahr und absolvierte vor einigen Wochen ihre Lehrabschlussprüfung, und heute war der Tag, an dem das Zittern vorbei war. Um 12 Uhr kam sie mit der freudigen Nachricht: «Ich ha bestande.» Das gesamte Team gratulierte und freute sich mit Michelle. Da merkte man, dass die Bäckerei Hotz Rust viel Wert auf Herzlichkeit und familiären Umgang legt … Auch ich spürte das, weil ich direkt eingespannt und im Team «integriert» wurde. Alle waren total nett und keiner von den Mitarbeitenden ein sogenannter «Bäckereidrachen».

Da die Schicht ja schon um 5.45 begann, war der Feierabend für 14 Uhr geplant, doch bis dahin gab es noch einiges zu tun. Selber gemachten Ice Tea abfüllen, Kunden im Café und im Laden bedienen, eine Bestellung aufnehmen, Kaffee machen, Brotempfehlungen abgeben, Geschirrspüler ein- und ausräumen und natürlich viele Fragen stellen. Die Zeit verflog im Nu, und ich fühlte mich wirklich wohl in meiner Rolle als Verkäuferin. Nach einem feinen Mittagessen war meine Schicht um 13.30 Uhr beendet und ich verabschiedete mich von den tollen Menschen in der Bäckerei. Erst als ich wieder auf dem Velo sass, merkte ich, wie müde ich war. Als ich zu Hause ankam, stand als Erstes ein Power-Nap auf dem Programm. Aus 15 Minuten wurden dann zwei Stunden. Ich bewundere, mit welchem Engagement und welcher Freude die Mitarbeiter in der Bäckerei Hotz Rust jeden Tag zur Arbeit kommen. Es war ein eindrücklicher Tag, der mir noch lange in Erinnerung bleibt. Herzlichen Dank an alle, die mir die andere Seite der Bäckereidrachen gezeigt haben.

«Zuger Woche»

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