Stefanie und Kevin Sollberger tragen aktuell die Bäckerkrone – sie sind das Königspaar der Branche. Die beiden verraten im Interview das Erfolgsrezept ihrer Piratenbäckerei in Gontenschwil (AG) und ermutigen ihre Kolleg/innen, mit Stolz und Leidenschaft den Betrieb, die Produkte und die Berufe in ihrer Region zu zeigen.
Über die Einzigartigkeit und den erfolgreichen Weg der Piratenbäckerei in Gontenschwil wurde bereits viel geschrieben und berichtet, auch auf den Kommunikationskanälen des Schweizerischen Bäcker-Confiseurmeister-Verbandes. Wir blicken mit dem innovativen Unternehmerpaar Stefanie und Kevin Sollberger auf die Preisverleihung, die im Rahmen des SBC-Kongresses im Juni 2024 stattgefunden hat, zurück und erfahren mehr über ihre wirksame Kommunikation und den Weg zum Erfolg.

Welche Erinnerungen haben Sie an die Verleihung der Bäckerkrone?
Stefanie Sollberger: Es war ein mega-cooler Tag voller Emotionen. Ich habe sehr viele schöne Erinnerungen. Die ganze Familie und das Team waren anwesend – eine riesengrosse Freude!
Wie gross war die Nervosität im Vorfeld?
STS (lacht): Sehr gross!
Kevin Sollberger: Wir würden lügen, wenn wir etwas anderes behaupten würden. Wir befanden uns unter den ersten drei. Alles tolle und erfolgreiche Unternehmende. Regina Gut kannte ich bereits, Manuel Hinder noch nicht. Seither stehe ich mit ihm in regelmässigem Kontakt. Es könnten sich gemeinsame Projekte ergeben.
Ein Teil Ihres Teams war in Bern dabei. Wie hat die Piratencrew reagiert?
STS: Sie haben sich für uns gefreut. Wir spürten eine sehr grosse Wertschätzung.
Kevin Sollberger: Es war für alle ein Riesenerlebnis. Das ganze Team hat zum Sieg beigetragen. Für meinen Vater (Peter Sollberger) war es besonders schön, all die Leute aus der Branche wieder zu treffen.
Ihre drei Buben standen mit Ihnen auf der Bühne. Ein spezielles Erlebnis …
STS: … sie waren von Beginn weg dabei, auch beim Jurybesuch, und sie haben gespürt, wie wichtig für uns dieser Wettbewerb ist.
Was haben Sie mit dem Gewinnpreis von CHF 15’000 gemacht?
KS: Bis jetzt noch nicht so «cheibe» viel. Wir haben ein kleines Fest mit Apérohäppchen und Musik organisiert, wo wir die Mitarbeitenden mit Familie sowie Kundinnen und Kunden eingeladen haben. Ganz ungezwungen. Aber wir haben etwas im Köcher …
…werden Sie es uns verraten …
KS: … nein, noch nicht (schmunzelt). Es wird ein grösserer Teamevent mit Familie sein. So viel sei verraten: Es hat mit Piraten zu tun.
Wie fiel die Reaktion Ihrer Kundinnen und Kunden aus?
KS: Bereits nach dem Gewinn des Titels Zukunftsträger (Ausbildner des Jahres) gab es viele Reaktionen. Doch nach der Bäckerkrone-Verleihung war das Echo riesig. Wir haben es fast ein bisschen unterschätzt. Mitarbeitende, Mitglieder des Gewerbevereins, Kund/innen, Fremde – alle kamen in den Laden, um zu gratulieren.
STS: Der Zukunftsträger war bereits ein Meilenstein. Aber die Bäckerkrone hat eine grosse nationale Ausstrahlung.
Konnten Sie mit dem Gewinn der Bäckerkrone Ihren Kundenkreis erweitern?
KS: Auf einmal kauften Kundinnen und Kunden aus der weiteren Region bei uns ein, weil sie durch die Medien auf uns aufmerksam geworden waren.
STS: Da hat uns die Bäckerkrone sicher geholfen. Die Herausforderung ist, die Menschen in den Laden zu locken. Dann liegt es an uns, am Verkauf und an den Produkten, dass sie uns treu bleiben.
Gab es mehr Anfragen für Lieferungen?
KS: Wir verzeichnen mehr Anfragen für Caterings und Events, vor allem von Firmen, die wir bisher nicht betreut haben.
Sie waren in jüngster Zeit auf der Suche nach einer Mitarbeitenden im Verkauf. War der Gewinn der Bäckerkrone dabei von Nutzen?
STS: Schwierig zu sagen. Es ist nicht so, dass jemand nur deswegen zu uns arbeiten kommt. Wir haben uns die Mitarbeitendensuche einfacher vorgestellt, da wir vielerorts stark präsent sind und viel Cooles machen.
KS: Bei der Lehrstellenbesetzung in der Backstube wirkt sich unser Image positiv aus. Da können wir aussuchen. Dieses Lehrjahr haben sogar zwei neue Lernende gestartet, je eine Person in der Produktion und im Verkauf. Ihre Bewerbungen waren ausgezeichnet.
STS: Wir hatten übrigens in der Produktion eine Flaschenpost-Bewerbung mit einer Schatzkarte …

Welche Reaktionen gab es aus der Branche?
KS: Es gab zahlreiche Reaktionen. Die Gratulations-Mails von vier ehemaligen Bäckerkrone-Gewinnern haben mich sehr berührt. Eine kleine Geste, die mich sehr gefreut hat.
Diese zahlreichen Feedback kommen nicht von ungefähr. Sie sind in der Kommunikation vorbildlich aktiv. Was haben Sie nach dem Sieg unternommen?
KS: Wir haben sofort drei Blachen produzieren lassen und aufgehängt. Zwei hängen noch, eine hier vor dem Laden und eine weitere unten im Dorf.
STS: Auf Social Media haben wir «scho chli Gas geh». Zudem haben wir Bäckerkrone-Brotsäcke produzieren lassen. Auf der Rückseite wird die Bäckerkrone beschrieben. So, wenn der Kunde das Säckli zu Hause auf dem Tisch hat, kann er in aller Ruhe nochmals lesen, worum es sich handelt.
KS: Zudem haben wir die Fahrzeuge beschriftet und die Medien informiert. Unsere Präsenz war schön! Man darf keine Hemmungen haben, die Medienschaffenden zu kontaktieren. Zum Teil sind diese froh darüber, vor allem in der Saure-Gurken-Zeit.
«Jeder Unternehmende sollte sich überlegen: Was hebt mich von der Konkurrenz ab?»
Kevin Sollberger
Warum sollten sich die Verantwortlichen von Bäckereien-Confiserien bewerben?
KS: Es gibt unzählige Bäckereien-Confiserien, die in mindestens einem Bereich herausragend sind. Vielleicht nicht so spektakulär wie eine Piratenbäckerei oder ein Sauerteighotel, aber jeder Betrieb hat etwas, worauf er besonderen Wert legt. Genau das sollte auch kommuniziert werden.
STS: Habt den Mut, euch anzumelden und diese Challenge anzunehmen – man kann so viel davon profitieren!
KS: Ich würde jederzeit wieder teilnehmen. Wichtig ist, genau zu wissen, was man präsentieren möchte und dies klar auf der eigenen Website sowie in den sozialen Medien zu zeigen, damit es nachhaltig wirkt und nach außen getragen wird.
STS: Jeder Unternehmende sollte sich überlegen: Was hebt mich von der Konkurrenz ab? Die Bäckerkrone ist eine tolle Chance: Viele Bäcker verkriechen sich leider in der Backstube.
Es ist extrem wichtig, dass die Mitarbeitenden in der Backstube auch mitkriegen, wie die Produkte bei der Kundschaft ankommen und welche Herausforderungen wir im Verkauf haben. Das hast du Kevin auch gemerkt, als du uns in der Zeit von Personalknappheit an der Theke ausgeholfen hast.
KS: Stimmt. Das war für mich eine neue Erfahrung. Es ist nicht einfach, wenn ein Kunde einen Produktewunsch hat, den wir nicht erfüllen können. Die Herausforderung liegt dann darin, ihm eine passende Alternative anzubieten.
STS: In solchen Situationen muss man rasch und geschickt reagieren können. Dein Verständnis für unsere Anliegen ist nun grösser.
Die Bäckerkrone
Seit 2012 wird die Bäckerkrone jährlich vom Schweizerischen Bäcker-Confiseurmeister-Verband und dem Schweizerischen Hefeverband verliehen. Mit der Bäckerkrone werden SBC-Mitglieder prämiert, die sich durch soziales, wirtschaftliches, fachliches oder ökologisches Denken und Handeln auszeichnen. Die glücklichen Gewinner/innen erhalten nebst Ruhm und Ehre eine nationale Reichweite sowie einen
grosszügigen «Batzen», mit dem neue Projekte realisiert werden können. Die nächste Bäckerkrone wird im Rahmen des SBC-Kongresses am 17. Juni 2025 verliehen.
Weitere Informationen ab 17. Januar: baeckerkrone.ch
Bewerbungen können bis 26. März eingereicht werden.
Seit wann sind Sie im Piratenlook unterwegs?
KS: Seit 2018.
Verleidet euch dies nicht?
STS: Nein, erstaunlicherweise nicht.
KS: Zu Beginn wollten wir alle zwei Jahre ein neues Motto schaffen würden. Doch dann mussten wir feststellen, dass dieser Plan zu kostenintensiv wäre. Zudem brauchte es einige Zeit, bis die Leute wahrgenommen haben, dass wir die Piratenbäckerei sind. Es wäre komisch, wenn wir jetzt kommen und sagen würden, wir sind der James Bond Beck. Das Konzept hat sich sehr bewährt. Die Kinder freuen sich an der Schatzkiste im Laden.
STS: Es ist nie fertig. Es gibt immer wieder neue Ideen mit Produkten oder Geschenken. Das Feuer ist immer noch da.
Welches sind die speziellen Piraten-Produkte?
KS: Wir verkaufen Piraten-Spitzbuben, dann verschiedene Brote, wie starker Pirat und den Körnerpirat, Muffins im Piratenlook, die Gontenschwiler Taler in einer Schatzkiste, grosse Spitzbuben mit einer Augenklappe, Kirschstängeli und Pralinés.
STS: Es gibt viele Varianten, die Produkte im Piratenlook zu verpacken, und zwar für Gross und Klein. Die Kinder haben Freude und auch die Erwachsenen haben Spass daran.


Ist Wachstum für Sie ein Thema?
STS: Immer wieder (schmunzelt). Wir kriegen regelmässig Anfragen.
KS: Wir besichtigen jeweils diese Betriebe, machen uns ein Bild und lernen spannende Menschen kennen.
STS: Eine Herausforderung bei mehreren Filialen ist, darauf zu achten, dass die Firmen-Philosophie gelebt wird.
KS: Von 2012 bis 2015 hatten wir eine Filiale, doch mehrere Punkte haben uns dazu veranlasst, einen Schritt zurückzugehen und uns auf diesen einen Verkaufspunkt in Gontenschwil zu konzentrieren. Diese Entscheidung hat sich als richtig erwiesen. Es war einer unserer schwierigsten. Wir mussten Mitarbeitende entlassen und die Schliessung den Kund/innen kommunizieren. In den drei Jahren hatten wir eine Stammkundschaft aufgebaut.
Ab und zu ist zu lesen, kleine Bäckereien-Confiserien hätten keine Chance auf dem aktuellen Markt. Wie lautet Ihre Antwort?
KS: Es lohnt sich auf alle Fälle, klein zu bleiben. Wenn das Feuer da ist und die Qualität stimmt, kann man immer noch erfolgreich sein. Denn: Wachstum bedeutet nicht automatisch mehr Verdienst. Je grösser man ist, desto umfangreicher wird beispielsweise auch der administrative Aufwand.
STS: Die Personalkosten steigen ebenfalls. Die sind nicht zu unterschätzen. Bei uns hier ist alles klein, die Kommunikationswege sind kurz und wir helfen einander.
KS: Es sind die kleinen Bäckereien-Confiserien, welche die Brotvielfalt und unsere Kultur in der Schweiz beleben!
«Uns ist es wichtig, dass unsere Leute gerne zur Arbeit kommen.»
Stefanie Sollberger
STS: Es wäre toll, wenn es wieder mehr kleine Betriebe in der Branche gäbe.
KS: Wir schätzen das Familiäre. Die positive Stimmung in unserem Unternehmen ist uns wichtig. Am Morgen um 2 oder 3 Uhr muss das Teamwork in der Backstube funktionieren. Wir lachen viel.
KS: Das Menschliche muss stimmen. Darauf achten wir bei der Anstellung. Auch bei den Lernenden: Es muss nicht der Beste sein. Die Ausstrahlung, Zufriedenheit und der Anstand sind wichtiger.
Welche Tipps geben Sie den Bewerber/innen für die Bäckerkrone mit auf den Weg?
KS: Bestimmt zwei Schwerpunkte für eure Bewerbung. Erstellt ein klares Konzept. Achtet darauf, dass eure Webseite à-jour ist und haltet ebenfalls eure Social-Media-Plattformen auf dem neusten Stand. Wir haben unser Bewerbungsdossier für die Bäckerkrone professionell gestalten lassen, damit es den bestmöglichen Eindruck hinterlässt.
STS: Habt den Mut zu kommunizieren, was ihr gut macht. Und seid stolz darauf. Das bringt nicht nur dem eigenen Betrieb Vorteile, sondern stärkt die gesamte gewerbliche Branche in der Region.
Welchen Wunsch haben Sie an die Branche?
KS: Seid stolz und kommuniziert nach aussen!
STS: Die neue Ausbildung im Detailhandel befindet sich auf einem guten Weg. Das Image sollte allerdings noch besser sein. Es gibt Lernende im Verkauf, die schämen sich, zu sagen, welche Ausbildung sie machen. Dabei ist es ein anspruchsvoller und schöner Beruf.
KS: Ohne Verkauf nützt das beste Brot, die beste Crèmeschnitte nichts, wenn vorne nicht kompetent und freundlich bedient wird.
Wie geht die Fahrt des Piratenschiffs weiter?
STS: (lacht) gute Frage.
KS: Es gibt noch einen Wettbewerb, bei dem wir evtl. mitmachen werden.
STS: Wichtig ist jetzt, etwas Ruhe reinzubringen und das, was wir erarbeitet haben, weiter zu pflegen. Wir hatten positiv stürmische Zeiten. Wenn es ruhiger ist, kommen automatisch neue Ideen.
Kurz und bündig
Weisses Brot oder Vollkornbrot?
Stefanie Sollberger: Vollkorn
Kevin Sollberger: weisses Brot
Salzig oder süss?
STS: salzig
KS: süss
Bier oder Wein?
STS: Wein
KS: Bier
Mit oder ohne Sprudel?
STS: mit Sprudel
KS: mit Sprudel
Scharf oder mild?
STS: mild
KS: mild
Krimi oder Roman?
STS: Roman
KS: keines von beiden, Biografien
Klassik oder Pop/Rock?
STS: Pop/Rock
KS: Pop/Rock
Meer oder Berge?
STS: beiden
KS: beides wir fahren gerne Ski und reisen gerne ans Meer
Interview: Claudia Vernocchi
Die Piratenbäckerei Sollberger in Kürze
Gegründet:
1929, seit 2012 4. Generation
Verkaufsstelle: 1
Anzahl Mitarbeitende:
21 (14 100 % Stellen, Verkauf ca. 400 %)
Lernende:
4 in der Produktion, 1 Detailhandel
Leader-Produkte:
Kirschstängeli, Schnitzelbrot, Cremeschnitte, der starke Pirat (Brot)