Das Brot, die Bäckereien, der Beruf – ein Tag lang ist darüber auf Radio SRF informiert und diskutiert worden. Fazit: Die Konsumentinnen und Konsumenten wünschen sich qualitativ hochwertiges, bekömmliches Brot, pures Handwerk. Und: Brot ist ein Nahrungsmittel, das Emotionen auslöst.

Nach intensiven Recherchen und zahlreichen Gesprächen im Vorfeld war gestern Mittwoch auf Radio SRF1 der Tag der Bäckerei. In der Sendung «Treffpunkt» um 10 Uhr erhielten die Hörerinnen und Hörer eine Stunde lang viele Informationen über die Schweizer Bäckerei-Landschaft. Live dabei war SBC-Präsident Silvan Hotz. Einen überzeugenden Auftritt hatte auch Chantal Liebischer (hören), in der Früh. Sie absolviert in der Bäckerei Vuaillat in Uster im dritten Jahr die Lehre als Bäckerin-Konditorin und sie erzählte mit Leidenschaft über ihren Beruf. Kurz vor Mittag berichtete Maja Brunner in ihrer Serie «Maja entdeckt» über das Simpilär Roggenbrot und am Nachmittag wurde von 14 bis 15 Uhr eine Ode an das Brot gehalten.

Ein harter Verdrängungskampf
Die gewerbliche Bäckerei-Confiserie-Branche befindet sich mitten in einem harten Verdrängungskampf zwischen den Grossverteilern und Discountern. Das wohlriechende Brot zu Tiefstpreisen diene dabei als Lockvogel, erklärte Silvan Hotz in der Sendung «Treffpunkt». In diesen Läden dufte es zwar herrlich nach Brot, doch dieses sei wie «aus einer Schachtel» – am Abend aufgebacken, aber nicht frisch. Zudem machten die steigende Zahl an Regulierungen und Gesetzen sowie die schwindenden Margen vor allem den kleinen Betrieben zu schaffen, kritisierte «der oberste Bäcker der Nation», wie er im Medientext von Radio SRF genannt wird.

Die Zahlen sprechen für sich: Vor 20 Jahren gab es in der Schweiz noch rund 2500 Bäckereien. Heute sind es etwas über 1400. «Die Lage hat sich zugespitzt», bestätigte SBC-Präsident Silvan Hotz in der Radiosendung und prognostizierte: «In zehn Jahren rechnen wir noch mit rund 1000 Mitgliedern.» Diese hätten aber häufiger mehrere Filialen. Die Anzahl Verkaufsstellen bleibe deshalb relativ konstant.

Mit Spezialitäten
Mit Brot allein könne man nicht überleben, schreibt Radio SRF1 auf seiner Webseite. «Überleben kannst du nur mit Spezialitäten», wird Bäcker Arthur Thoma aus Lavin im Engadin zitiert. In seinem Fall sind dies Nusstorten und Birnenbrote. Und das Glück, dass ein grosser Detailhändler der Abnehmer seiner Produkte sei. Für Silvan Hotz spielt auch die Standortfrage eine wichtige Rolle. Er sei lange der Ansicht gewesen, dass eine Verkaufsstelle mit hoher Passantenfrequenz erfolgsversprechend sei. Doch nun würden wegen Corona und Homeoffice auch andere Standorte wie derjenige im Dorf geschätzt.

Tradition und Handwerk
Werte wie Tradition, Herkunft und Handwerk würden wieder an Bedeutung gewinnen. Langgeführte Teige, Sauerteigbrote und einzigartige Produkte sind wieder im Trend. Die gewerblichen Bäcker würden wieder zurückkehren zu ihren Wurzeln, betonte Silvan Hotz.

Nachwuchsmangel
Thematisiert wurde auch der Nachwuchsmangel. Silvan Hotz äusserte sich überzeugt, dass es den Bäckerberuf auch in zehn bis zwanzig Jahren noch geben wird: «Unsere Berufsleute müssen keine Angst davor haben, keinen Job zu finden.» Der gelernte Bäcker-Konditor schwärmte von seinem Beruf: «Er lebt von Emotionen, vom Gefühl!».

Branche mitschuldig
Das Handwerk sei das Zentrale, so Martin Mayer, Inhaber der Bäckerei Vuaillat in Uster auf der SRF-Webseite. Wer das erkannt habe, habe eine Zukunft. Die Branche sei mitschuldig, dass der Beruf lange als unattraktiv galt. «Mit Fertigmehlmischungen kann jeder Brot machen, ohne jegliches Knowhow.» Er habe keine Probleme bei der Lehrlingssuche, er könnte mehr Lehrstellen vergeben als er habe. Sein Erfolgsrezept ist unter anderem: Er besucht proaktiv Schulklassen und öffnet seine Backstube für Interessierte. So vermittelt er das Bild dieses attraktiven Jobs.

Mega-schönes Handwerk
Chantal Liebischer, Lernende bei Martin Mayer, machte auf Radio SRF beste Werbung für unseren Beruf. Vor allem fasziniere sie, dass sie von A – Z bei der Entstehung eines Produkts dabei ist. Aber sie weiss: «Ohne Kunden können wir noch so gutes Brot herstellen…» Marketing sei genauso wichtig. Aber die junge Branchenfrau ist überzeugt: «Es wird immer gutes Brot und Pâtisserie brauchen. Die Bäcker werden nicht aussterben.» Als Negativpunkt nannte sie, dass sie jeweils morgens um 1 Uhr aufstehen muss. Dies sei schon anstrengend und nicht immer einfach, da die Kolleginnen und Kollegen einen anderen Tages-Rhythmus haben.

Verträgliches, qualitativ hochstehendes Brot

Rund 50 E-Mails gingen am Mittwoch während der Sendung «Treffpunkt» innerhalb von nur einer Stunde bei Radio SRF1 ein. «Ein hochemotionales Thema», meinte SRF-Redaktorin Vera Büchi, die Reaktionen kämen buchstäblich im Sekundentakt herein. Erwähnt wurde u.a. die Unverträglichkeit des Brotes, es wurden Brote mit einer langen Teigführung, gewünscht. Vor allem aber keine Produkte aus Fertigbackmischungen oder importierte Aufbackbrote – da könne man ja sonst gleich beim Grossverteiler einkaufen gehen… Der Grundtenor von vielen sei gewesen, so Vera Büchi gegenüber «panissimo», dass die Konsumentinnen und Konsumenten sehr gerne in einer gewerblichen Bäckerei einkaufen, vorausgesetzt, die Qualität stimmt.

Das persönliche Gespräch
Eine Hörerin schrieb, dass für sie «bim Beck nicht nur einfach posten» geht, sondern auch das persönliche Gespräch mit der Verkäuferin hinter der Theke schätze.

Aus Bequemlichkeit beim Grossverteiler
Eine Konsumentin gestand am Telefon, dass sie ihr Brot beim Grossverteiler einkaufe – und zwar aus reiner Bequemlichkeit. Sie habe keine Bäckerei gerade um die Ecke. Zum Einkaufen fahre sie mit dem Auto zum Grossverteiler nach Thusis. Nun habe sie gehört, dass immer mehr Bäckereien schliessen müssen, «ich muss mich an der Nase nehmen», meinte sie reumütig.

Brot nur vom Beck
Ganz anders bei diesem Berner Oberländer Konsumenten: Er kaufe sein Brot nur beim Beck. Dieses sei von ganz anderer Qualität als beim Grossverteiler, das nach einem Tag entweder «blütterweich oder hart» sei. Die Grossverteiler würden genug mit dem verdienen, was sie sonst im Sortiment führen. Brot, Milch, Käse und Fleisch gehörten in die kleinen Läden, zu dem KMUs, wo Familien beteiligt seien, wo Arbeitsplätze erhalten würden.

Nur «Tanggel»
Der gleichen Meinung war eine andere Anruferin: Sie kaufe ihr Brot nur beim Beck, «bei uns ist es frisch. Beim Grossverteiler gebe es nur Tanggel.»

Kritik
Aber es gab auch Kritik zu hören. So wurde auch bedauert, dass Bäckereien leider Produkte mit Fertigbackmischungen und importierte Aufbackwaren verkaufen würden. Auf die Frage, ob dies tatsächlich der Fall sei, wies SBC-Präsident Silvan Hotz, darauf hin, dass der Verband über 1400 Mitglieder zähle – vom Kleinst- zum mittelgrossen Betrieb. Dass es darunter schwarze Schafe gäbe, könne er nicht verneinen. Allerdings lege die grosse Mehrheit der gewerblichen Bäckereien-Confiserien viel Wert auf das Handwerk, die Qualität und die Regionalität.

Mehr Emotionen und Liebe zum Produkt
Auch im Verbandssekretariat ist ein E-Mail von einem Bäckerkunden eingetroffen. Er schätze gutes, handwerklich hergestelltes Brot, schrieb er. Doch mit Bedauern stelle er fest, dass die Bäckerei in seinem Dorf das edle Produkt durch seinen Auftritt erodieren lässt: Im Brotgestell, gut sichtbar, sind auch die blauen Abfallsäcke gestapelt. Das sei ein optischer Tiefflieger. Die Parkplätze sind vor der Eingangstür: Rückwärtsparker überduften bei offener Ladentür den edlen Geruch. Imagepflege und Kundenbindung sind etwas anderes. Schade.

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