In einer modernen Backstube stehen Hitze und Kälte in einem engen Zusammenspiel. Das weiss auch Michael Bracher, Geschäftsführer von Kunz art of sweets in Frick (AG). Beim Umbau der Bäckerei während der letzten Monate, legte er deshalb viel Wert darauf.

Die technische Sicherheit ist der primäre Grund dafür gewesen: «Jeder Sommer war ein Lottospiel mit den Kühlzellen: Funktionieren sie oder nicht? Und auch vor dem Ofen sind wir öfters auf die Knie gefallen und haben gefleht, dass er nicht aussteigt.» Diese Antwort von Michael Bracher auf die Frage, weshalb ein Umbau bei Kunz art of sweets nötig war, ist natürlich nicht ganz ernst gemeint. Dennoch veranschaulicht sie das Hauptproblem, dessen Folgen immer öfters auftraten: Die Maschinen waren zu alt.

Seit 2020 ist der Lebensmittelingenieur Michael Bracher der erfolgreiche Geschäftsführer von Kunz art of sweets. Erfolgreich, da der Produktionsbedarf seither laufend anstieg. So wuchs ebenfalls der Wunsch nach einer «zukunftsfähigen Bäckerei», wie der Patron die aufgefrischte Produktion betitelt. Spätestens als für den alten Ofen keine Ersatzteile mehr verfügbar waren – das Modell war zu alt – musste ein Ersatz her. Diese Gelegenheit ergriff der Geschäftsmann gleich, um die Abläufe in der Bäckerei umzukrempeln und zu optimieren.

Kaltstart im Keller

Vis-à-vis der Hauptfiliale mit Café in Frick befindet sich die Produktion. Die erste Umbauetappe umfasste den Einbau eines Kühl- und Tiefkühlraumes im Untergeschoss des angrenzenden Nebengebäudes. «Um einen Durchgang zum Nachbarkeller zu erhalten, wurde die Wand herausgespitzt», erklärt Michael Bracher den ersten Schritt. Anschliessend wurde die neue Anlage installiert. Hierzu wirkte die Firma wyssbär kälte AG als Projekt- und Kältepartner, die auf die Planung und Einrichtung gewerblicher Kühlanlagen für Bäckereien spezialisiert ist. Wurden die Arbeiten zur Zufriedenheit des Geschäftsleiters ausgeführt? Diese Frage erübrigt sich, erhielt doch das Unternehmen auch für die Montage der Gärstopp-Zellen in der Backstube den Zuschlag.



Michael Bracher wollte den Komfort einer Kälteanlage nicht nur als Zwischenlager im Keller nutzen. «Ein GVA, also ein Gärvollautomat, bringt im Zusammenspiel mit der Ofenanlage zwei wichtige Vorteile: Die Reifung der Teiglinge erfolgt in der Abstimmung auf die Ofenbelegung. Dadurch wird der Betrieb auch wirtschaftlicher.» Wie er das meint? «Die Just-in-Time-Abhängigkeit des Ofens wird mit einer Kühlzelle umgangen. Diese dient als Puffer, wobei der Backofen – einmal aufgeheizt – ohne Unterbruch voll ausgelastet werden kann. Auch wenn es aus der Teigerei zu Verzögerungen kommen sollte.» Dies «läppere» sich mit den Jahren, was in Zeiten von hohen Kosten sehr nützlich sei.

Die Planung der neuen Produktion sollte die bestehenden Arbeitsabläufe optimieren. «Der Traiteurbereich und die Feinbäckerei haben ihre Räume gewechselt», erklärt der Chef. Das Belegen der Sandwiches und Zubereiten der Snacks erfolgt neu dort, wo die Brote aus dem Ofen kommen: Am Schluss des «Produktionsflusses» von «Sandwichbrötli» und Toast. Die Abläufe der Feinbäckerei sind jetzt ebenfalls auf jene der Brote abgestimmt. Beide Produkte gelangen aus derselben Richtung zum Ofen.

Trainieren im Provisorium

Von Anfang an bestand der Anspruch, die Produktion während des gesamten Umbaus am Laufen zu halten. Kein leichtes Unterfangen, mussten doch Ofen und Gärschrank ersetzt werden. Doch für Pitec, seit über 80 Jahren der Spezialist für Bäckereieinrichtungen, war dies lösbar : «Hinten im Nebengebäude, dort wo nun die neue Spedition untergebracht ist, wurde eine provisorische Backstube eingerichtet», berichtet Michael Bracher. Die Öfen und der Gärschrank in der temporären Produktion wurden zur Verfügung gestellt, was einen unerwarteten Nutzen einbrachte: «Das Team konnte sich im Provisorium im Umgang mit den neuen Geräten üben. Es handelte sich nämlich um ähnliche Modelle, die wir eingebaut haben.» Dass die Mitarbeitenden die neuen Anlagen schnell im Griff hatten, habe der Patron den Produkten angesehen: «Die Qualität der Backwaren stieg aufgrund der gezielteren Schwadengabe und gleichmässigeren Hitzeverteilung merklich an.»

Eine eigens eingepasste Beschickungshilfe entlastet die Mitarbeitenden bei der Arbeit.

Während nun die Angestellten der Kunz im Provisorium wirkten, hatten die Ofen- und Kälteinstallateure auf der Baustelle zu schwitzen. «Die Challenge des Projektes lag darin, dass dieses in bestehende Räume mit fixen Gegebenheiten umzusetzen war», sagt der Bauherr. So benötigte die Wahl des Ofensystems eine gute Portion Expertise und vorausschauende Planung. «Für die Wartung von Gas-, Pellets- und Ölöfen müssen die Geräte seitlich zugänglich sein. Da dies nicht möglich ist, spielten wir sogar mit dem Gedanken, den Etagenofen auf Rädern zu platzieren.» Die von Pitec vorgeschlagene Lösung sieht einfacher aus: «Dieser elektrisch beheizte Mondial-Etagenofen muss nur frontal zugänglich sein», schildert Michael Bracher.

Entlastung nach Mass

Die nächste Herausforderung bestand darin, die Anzahl Gärstopp-Zellen in der Produktion zu bestimmen. «Ich wollte eine GVA, der Ofenbäcker zwei und eingebaut hat der wyssbär drei», berichtet der Geschäftsführer von Kunz schmunzelnd. Mit den Gärvollautomaten hätten er und der Meisterbäcker die Bäckereiprozesse auf einen modernen Standard heben wollen. Neben der bereits genannten Unabhängigkeit durch einen Gärunterbruch, ermöglichten die GVA einen qualitativen Gewinn. «In der kühleren Umgebung werden die Teiglinge kontrollierter und länger gegärt.» Ein Verkaufsargument, das bei der Kundschaft gefragt sei, wie er anfügt.

«Neben der Unabhängigkeit durch einen Gärunterbruch, ermöglichten die GVA einen qualitativen Gewinn.»

Michael Bracher

Nachdem die Frage nach der Anzahl geklärt war, musste ein geeignetes System her. Die gewählten GVA sind ein Novum: «In der Schweiz waren Modelle dieses Anbieters meines Wissens bisher nicht im Einsatz», so Michael Bracher. Bei der Installation hätten der Kälte- wie auch der Ofentechniker keine Mühe gescheut: «Der Lift für die Abziehapparate am Etagenofen wäre an den Türgriffen der Kühlzellen vis-à-vis angeschlagen», erzählt er. «Darum wurden zusätzliche Nischen aus der Rückwand hinter den GVA herausgespitzt, um diese weiter hinten platzieren zu können. Zusätzlich wurde der Lift leicht gekürzt.» Jetzt geniessen nicht nur die Gebäcke eine längere Teigruhe, die Mitarbeitenden werden durch die Beschickungshilfe ebenfalls entlastet.

Etagenofen und Backschrank

Das Hauptbedürfnis nach einer höheren Produktionskapazität habe erfüllt werden können: «Die Fläche im Etagenofen haben wir um 25 % ausgebaut, jene im Backschrank sogar verdoppelt», so Michael Bracher. Die bereits angesprochenen gleichmässigen Backeigenschaften kommen weiter den Angestellten zugute: Das «Karussells», das mühseligen Drehen der Bleche im Ofen, war bereits im Provisorium nicht mehr nötig. «Die Öfen brachten Kontinuität und Stabilität, die GVA Ruhe ins System», resümiert er.
Das Handwerk bleibt

Neben den Öfen und der GVA wurde die Backstube ebenfalls mit einem physikalischen Teigteiler ausgestattet. «Bisher wurden alle Teige in Brüche abgewogen und abgepresst. Diesen Aufwand übernimmt nun die Graviflux», so Michael Bracher. «Schon eine Woche nach deren Inbetriebnahme hat sich gezeigt: Auch dieser Prozessabschnitt ist ruhiger, die Gewichte konstanter.» Weiter entstehe für den Unternehmensruf eine neue Chance: «Qualität bedeutet auch Konstanz. Dazu gehört, dass wir fähig sind, auf Umweltveränderungen zu reagieren.»

Mit der Automatisierung hat das Personal mehr Kapazität für Arbeitsschritte, die Expertise und Feingefühl verlangen.

Bei dieser Erhöhung der Automatisierung stellt sich manchen die Frage, ob das Handwerk bei Kunz nicht auf der Strecke bleibt. «Das Abwägen ist ein gutes Beispiel dafür, dass dem nicht so ist», meint der Betriebsinhaber und führt aus: «Dies ist reine Routinearbeit, dafür braucht es keine Fachkraft mit Expertise in der Bäckerei. Mit einer Maschine bleiben mehr Zeit und Kapazität für Handgriffe, die Feingefühl und Erfahrung verlangen.» Natürlich würden auch ökonomische Vorteile entstehen. «Das ist ‹für die Füchse›, die Betriebskosten sind zu hoch, um solche Tätigkeiten von Hand auszuführen», fügt er unverblümt an.

Das Handwerk wird bei Kunz art of sweets weiterhin gepflegt. Etwa durch Sina Plattner, Brot-Chefin 2024.

Anbruch neuer Zeiten

Mit dem Sprung in die Moderne in der Backstube sind wortwörtlich neue Zeiten angebrochen. «Seit dem Abschluss der Projektarbeiten konnten die Schichten reorganisiert werden», meint Michael Bracher, «so dass zunehmend in den Tag produziert werden kann». Weiter sieht er mit den Fortschritten und gewonnenen Kapazitäten neue Wege, die beschritten werden können. «Wir werden demnächst mit der Produktion eines eigenen Jet-Gipfels beginnen: Ein eigens produzierter, tiefgekühlter Gipfelteigling, den wir in der Filiale nur noch aufbacken müssen.» Da die Qualität eines «Gipfelis» nach dem Backen sehr schnell abnehme, sei dieses in seinen Augen die Visitenkarte einer Bäckerei. Und ein ideales Produkt, sich von der Industrieware abzuheben.

Gemeinsam gewachsen

Auffällig am Projekt «Zukunftsbäckerei» der Kunz art of sweets AG sind die unterschiedlichen Partner, mit denen zusammengearbeitet wurden. «Wir haben uns für jene Firmen entschieden, denen wir aufgrund ihrer Erfahrung Vertrauen entgegenbringen konnten», so der Inhaber. Dieses sei für den beidseitigen, transparenten Austausch nötig gewesen. Dass bei den Bauarbeiten die selbst auferlegte Frist eingehalten wurde, ist wohl auf das Organisationstalent von Michael Bracher zurückzuführen. Schlussendlich sei das Projekt aber auch von den Mitarbeitenden getragen worden. «Dem Team will ich grosses Lob aussprechen, denn sie haben unter den erschwerten Bedingungen im Provisorium extrem gute Arbeit geleistet», freut er sich. Der Beweis: «Während dem Umbau sind keine Reklamationen von der Kundschaft eingegangen», berichtet er nicht ohne Stolz.

«Nun können wir von Skaleneffekten profitieren und sind bald bereit für weiteres Wachstum.»

Michael Bracher

«Nach dem Projekt ist vor dem Projekt», benennt Michael Bracher lachend sein Resümee aus dem Umbau. «Nun können wir von Skaleneffekten profitieren und sind bald bereit für weiteres Wachstum.» Obwohl es nun Investitionen zu tilgen gebe, schreite die Erweiterung voran: «Ende Jahr eröffnet Kunz die erste Filiale in Augst, im Basel-Land», verrät er grinsend.

Weitere Bilder finden Sie in der Fotogalerie…»

kunz-baeckerei.ch

Diego Schwerzmann

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