Beitrag zum Internationale Tag des Mehls vom 20. März:

Wie sorgen Mühlen dafür, dass Bäckereien-Confiserien ein optimales Mehl erhalten, und was müssen Letztere tun, damit die Mehlqualität erhalten bleibt? Fachleute aus drei Mühlen geben Antwort.

Das Naturprodukt Getreide weist Jahr für Jahr Qualitätsschwankungen auf. Von den Müllerinnen und Müller wird jedoch ein konstant gutes Mehl erwartet. Vier Profis geben Auskunft, wie dies gelingt und wie Mehl richtig gelagert wird.

Was unternimmt Ihre Mühle, damit die Mehlqualität für Ihre Kunden konstant ist?
Regula Beck, Mühle Landshut: Wir haben das Privileg grosser, eigener Getreidelager. Durch die Mischung verschiedener Weizenpar­tien aus mehreren Erntejahren erreichen wir auf natürliche Weise eine gleichbleibend hohe Mehlqualität. Dies setzt voraus, dass wir die «inneren Werte» jeder Getreidepartie kennen.

August Stillhard, Grüninger Mühlen: Durch eine grosse Vielfalt an verschiedenen Getreiderohstoffqualitäten kann eine über das ganze Jahr gleichmässige Mehlqualität garantiert werden. Des Weiteren sorgen zahlreiche Qualitätssensoren im laufenden Betrieb dafür, dass bei Abweichungen im Prozess automatisch korrigiert und angepasst wird. Die fer­tigen Mehle unterziehen wir im Labor einer teigrheologischen Untersuchung und simulieren so den Backprozess eines Bäckers. Zudem werden die Mehle in der Versuchsbäckerei zur Probe gebacken.

Marcel Wächter und Jacques Yerly, Groupe Minoteries: Nebst einer gezielten Selektion der Getreidequalitäten nach einer umfassenden Eingangskontrolle, liegt es in der Fachkompetenz des Müllers, dass er die Anlagen richtig einstellt und die anfallenden Mehle nach den definierten Laborwerten mischt. Eine laufende Nachkontrolle überprüft die gewünschte Qualität.

Was ist ein qualitativ gutes Mehl?
Beck:
Der Schlüssel liegt bei unseren Müllern und ihrer Erfahrung auf unserer «langen Mühle» mit der schonenden Vermahlung, dem Slow Milling. Neben der möglichst gleichbleibenden Mehlqualität ist die Mehllagerung wichtig. Der Oxidationsprozess nach der Vermahlung – etwa drei Wochen – soll abgeschlossen sein, wenn das Mehl in die Backstube kommt.

Stillhard: Das ist eine klare Definitionssache. Qualität lässt sich nicht allumfassend beschreiben, denn wir produzieren gezielt diese Qualität, welche vom Kunden gefordert wird, sodass er ein einwandfreies Produkt herstellen kann.

Wächter / Yerly: Primäre Ziele sind die Kundenerwartungen zu erfüllen und eine Qualitätskonstanz, damit die Bäcker mit den gewohnten Rezepturen und Abläufen arbeiten können und immer gleich gute Back­ergebnisse erreichen. Dies bringt eine höhere Sicherheit und Zeitgewinn, da man die Parameter nicht laufend anpassen muss.

Wie muss Mehl gelagert werden, damit die Qualität erhalten bleibt?
Beck:
Das Mehl soll kühl, trocken und vor Schädlingen geschützt gelagert werden, d. h. angefangene Papiersäcke nach Gebrauch krempeln oder zubinden. Je nach Umgebung verliert das Mehl Feuchtigkeit. Diese muss als zusätzliches Wasser dem Teig beigegeben werden.

Stillhard: Kühl, trocken und vor Licht geschützt sind die wichtigsten Faktoren für eine korrekte Lagerung. Des Weiteren sollte berücksichtigt werden, dass Mehl nicht neben Lebensmitteln steht, welche starke Eigengerüche aufweisen oder schädlingsanfällig sind. Beides wirkt sich negativ auf die Haltbarkeit des Mehles aus.

«Mehl ist kühl, trocken und vor Licht, Schädlingen und Fremdgerüchen geschützt zu lagern.»
Wächter / Yerly:
Ideal ist kühl und trocken. Vollkornmehle sollten nicht zu lange gelagert werden, da die Qualität beziehungsweise die Frische des Keimlings schneller abnimmt als bei einem hellen Mehl. Eine längere Lagerung ergibt tendenziell stabilere Teige und eine schwächere Enzym­aktivität. Die Verarbeitungstoleranz nimmt also mit der Lagerung leicht zu.

Mit welchen Anliegen gelangen Bäcker/innen am häufigsten an Ihre Mühle?
Wächter / Yerly:
Die Anliegen sind sehr unterschiedlich; von fachlichen Fragestellungen, die in der Backstube auftauchen, über Produkt- oder Rezeptideen, aber auch kaufmännische Themen wie Nachfolgeplanung oder Marketing. Wir schätzen die vertrauensvollen Geschäftsbeziehungen, die über das Mehl hinaus gehen, sehr.

Stillhard: Es sind backtechnische Anfragen, Fragen zum Mehl-Sortiment oder zu speziellen Brotrezepturen.

Beck: Sie möchten Mehl bei uns bestellen. Das ist natürlich das schönste Anliegen. Ansonsten sind die Themen so vielfältig wie unsere Kundschaft und reichen von A wie Analysen bis Z wie Zertifizierungen.

Welche Mehlsorten oder Mischungen werden in letzter Zeit mehr nachgefragt?
Wächter / Yerly:
Der Bedarf an Weissmehl ist nach wie vor hoch. Wir schreiben dies auch dem hohen Absatz von Sandwiches / Snacks zu. Stärker nachgefragt, auch von Konsumentenseite, sind innovative Mischungen mit einem Mehrwert (Inhaltsstoffe, Herkunft, Geschichte usw.) wie z. B. das Balance-Brot sowie spezielle Herstellungstechniken wie beim Baguette Tradition. Eine Mischung braucht ein Konzept, mit dem sich der Bäcker auf dem Markt differenzieren kann.

Stillhard: Besonders gefragt sind Mehlsorten und Mischungen in Bezug auf die Herstellung von Broten mit Sauerteig und / oder mit langer Teigführung.

«Die Nachfrage nach reinen Mehlen und Schroten freut mich besonders.»
Regula Beck

Beck: Die Nachfrage von mehreren Kunden nach reinen Mehlen und Schroten freut mich besonders. Diese Bäcker tüfteln an eigenenMischungen, verschiedenen Triebführungen und rücken Brotgeschmack und Qualität ins Zentrum. Ein schöner Ausdruck von Berufsstolz und Leidenschaft.

Wie hat sich die Corona-Pandemie auf Ihre Mühle ausgewirkt?
Wächter / Yerly:
Wir haben das Privileg, ein notweniges Grundnahrungsmittel herzustellen, welches in der Pandemie sogar mehr Wertschätzung erfahren hat. Aber wir leiden mit jedem Kunden mit, welcher Umsatz verloren hat. Die schwierige Situation, je nach Standort und Ausrichtung des Kunden, spüren wir deutlich.

«Besonders gefragt sind Produkte zur Herstellung von Broten mit Sauerteig oder langer Teigführung.»
August Stillhard

Stillhard: Unsere Mitarbeiter haben sich auf die speziellen Sicherheits-Massnahmen einstellen müssen. Die Einsatzpläne der verschiedenen Abteilungen mussten neu definiert werden. Die Produktion von Mehl war während der ganzen Zeit erhöht, vor allem wegen der grösseren Nachfrage im Detailhandel. Leichte Liefereinbussen beim Mehl gab es bei den Bäckereien, die im Liefer- und Cateringgeschäft tätig sind.

Beck: Geschlossene Cafés, fehlende Anlässe, Feste und Gipfeli für die Wochensitzung machen sich im Mehlausstoss bemerkbar. Wir sind dankbar, dass wir immer arbeiten durften. Bewusster als vor Corona schätzen wir die persönlichen Kundenkontakte, sei es per Telefon oder durch die Maske bei der Mehllieferung.

Die befragten Personen

Regula Beck ist Geschäftsführerin der Beck & Cie. AG, Mühle Landshut, Utzenstorf (BE), www.muehle-landshut.ch
August Stillhard ist Geschäftsleitungs-Mitglied und Verkaufsleiter der Willi Grüninger AG, Flums (SG), www.grueningermuehlen.ch
Marcel Wächter und Jacques Yerly sind Geschäftsleitungs-Mitglieder der Groupe Minoteries SA, Granges-près-Marnand (VD), und Verkaufsleiter für die Deutsch- bzw. lateinische Schweiz, www.gmsa.ch
Weitere Beiträge zum Thema Mehl finden Sie im «panissimo» vom 19. März 2021

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