Die Herbsttagung der Vereinigung der Backbranche Schweiz (VDB) ) vom 13. September in Horgen (ZH) stand ganz im Zeichen der Künstlichen Intelligenz (KI). Verschiedene Referent/innen lieferten Informationen, gaben Tipps und Tricks an das Publikum weiter. Alle kriegten Wissensnahrung, die absoluten Greenhorns wie auch die Beinahe-Profis. «Panissimo» war dabei.  

Am Vorabend der VDB-Tagung in Horgen erhielten Branchenleute in einem Workshop einen ersten Einblick in die künstliche Intelligenz (KI). Der aus Bamberg (D) angereiste Referent Niklas Volland (Bytabo) führte die Teilnehmenden auf anschauliche Weise in die Materie ein. Er war es auch, der die Tagung am darauffolgenden Tag eröffnete und über seine Passion KI referierte. Volland wies auf die Wichtigkeit gute Prompts zu schreiben hin und verriet Wissenswertes und Praktisches für den Berufsalltag. «Chat GPT kann auch Falschaussagen machen», warnte der 32-jährige Kommunikationswissenschaftler.

Niklas Volland, Kommunikationswissenschaftler.

Wie kann KI in Bäckereien angewendet werden? Niklas Volland zählte verschiedene Möglichkeiten auf wie Ideenfindung, Unterstützung bei komplexen Entscheidungen, Marketingplanung, Rezeptentwicklung, Bäckerei-Infobot  und Auswertung von Daten zu Absätzen, Reklamationen und Qualität. Was bringt’s? «Signifikante Zeitersparnisse und Umsatzsteigerungen», lautete die Antwort des Experten, «der Fachkräftemangel lässt grüssen». Niklas Volland hat übrigens einen Podcast. Im Talk spricht er mit Maxi Raabe regelmässig über die KI-Welt.

Verantwortungsbewusst und mit Respekt

André van Tuinen (fi2q Consulting) empfahl den Teilnehmenden in seinem Referat «Hürden der digitalen Transformation in Grossunternehmen» die Einführung von KI offen und mit Respekt anzugehen. Denn diese Veränderung rufe Ängste und Widerstände auf. «Wir haben gegenüber dem Unternehmen und den Mitarbeitenden eine Verantwortung», rief van Tuinen in Erinnerung. Es gelte, Perspektiven anzubieten und zu kommunizieren, weshalb die Massnahmen ergriffen werden und was der Vorteil für die Firma sei. «KI ist cool, aber wir dürfen das Denken nicht verlernen, denn dann haben wir verloren», meinte der Referent abschliessend.

Der juristische Blick auf die KI

Auf anschauliche Weise zeigte Rechtsanwältin Anne-Sophie Morand die Komplexität der KI-Welt aus juristischer Sicht auf. Auf einer Folie präsentierte sie die «blue wall», die zahlreichen gesetzgeberischen Massnahmen in der EU im Digitalbereich. Eine Vielzahl an Verordnungen sind am 1. August 2024 in Kraft getreten. In der Schweiz sei man in Sache KI-Regulierung weniger forsch unterwegs. Anne-Sophie Morand verwies in diesem Zusammenhang auf das bestehende Datenschutzgesetz, welches unter anderem die Bearbeitung von Personendaten regelt.  


Mit KI mehr Nachhaltigkeit in der Bäckerei

«Wir möchten die Lebensmittelverschwendung in der Produktion um 50 % verringern», erklärte Franz Seubert, CEO bei Aiperia, in seinem Referat «Mit KI zu mehr Nachhaltigkeit in der Bäckerei». Dank einer optimalen Planung könnten die Verschwendung verringert und der Umsatz verbessert werden, ohne dabei die Kund/innen zu verärgern, versicherte der Bäckersohn. «Eine schlechte Planung führt zu hohen Kosten.» Er zählte verschiedene Ursachen auf, so der vorzeitige Ausverkauf von Produkten. Die Verkaufszahlen würden im stationären Handel oft nicht der effektiven Nachfrage entsprechen. Er machte ein Beispiel: Angenommen, die Bäckerei liefert in eine Filiale 30 Croissants. In der Statistik sieht man nur, dass die Croissants am Montag, Freitag und Samstag ausverkauft waren. Es sei extrem wichtig, so Seubert, die Verkaufspotenziale mitzurechnen und sich die Frage zu stellen, wie viel mehr wäre in dieser Filiale an den Ausverkaufstagen möglich gewesen.

Dank einer optimalen Planung könnten die Verschwendung verringert und der Umsatz verbessert werden.

In Bezug auf die Ängste in der Bevölkerung nannte der Referent die KI «die Dampfmaschine des 21. Jahrhundert». Es gelte, die Mitarbeitenden im Prozess frühzeitig einzubinden und aufzuzeigen, dass die KI keine Konkurrenz, sondern eine Unterstützung darstelle.

Mensch und KI

In seinem Vortrag setzte der Arbeitspsychologe und Ingenieur Toni Wäfler, Professor an der Hochschule für Angewandte Psychologie der FHNW (Fachhochschule Nordwestschweiz), den Fokus auf den Menschen. Er brachte verschiedene Beispiele von Studien, wo die Leistungen von Menschen und KI verglichen wurden. «Weil grammatikalisch alles korrekt ist, glauben wir alles. Dabei stimmen nicht alle Angaben», unterstrich Toni Wäfler. Er nahm als Beispiel seine eigene Person, wo ihn Chat GPT als Autor eines Buches nannte. Dabei habe er bisher gar keines herausgegeben. Wäfler, der an der Universität Zürich Psychologie, BWL und Informatik studiert hat, nannte ein weiteres Exempel: Beim Unterscheiden von einem Husky und einem Schäferhund auf einem Foto war die KI auf den ersten Blick klar schneller und besser als der Mensch gewesen. Doch als der Schäferhund mit Schnee im Hintergrund zu sehen war, lag die KI mit ihrer Antwort – ein Husky – falsch, da sie den Schnee mit dieser Hunderasse in Verbindung brachte. «Für die KI ist dies ein Pixelmuster. Verstehen tut sie’s nicht.»

Über «Industrielle Fertigung im Wandel: Von KI-gestützten Einsichten zu autonomen Systemen» sprach Matthias Gräber, Head of Data Sicence bei Bühler AG. Eyüp Aramaz, Geschäftsführer von Aramaz Digital GmbH, äusserte sich zum Thema «KI in Bäckereien: Erfolgsrezepte für die Personalgewinnung und -entwicklung.

Claudia Vernocchi

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