Seit etwa sechs Jahren verwendet der Walliser Bäcker Alphonse Pellet einen täglich aufgefrischten Sauerteig. Dies bringe dem Fachgeschäft einen Mehrwert und aus Sicht der Kundschaft seien die Produkte besser und natürlicher. Für Pellet ist klar: Das Glück der Branche hängt von diesem traditionellen Verfahren ab.
Fast alle Brotsorten von Alphonse Pellet enthalten heute Sauerteig: vom Brötchen über das traditionelle Baguette bis zum Spezialbrot «Quatre vallées» und zu anderen Spezialitäten.
Der Bäcker aus Uvrier (VS) hat das Sauerteig-Verfahren nach einem Gespräch mit Sébastien Knecht, Leiter von Richemont Romandie, und einem Kurs zu diesem Thema eingeführt: «Ich habe den Kurs mit einem Muster verlassen, das ich weiterentwickelt und verbessert habe.»
Der Walliser, der 2016 mit dem Pain d’Or des Kantons ausgezeichnet wurde, hat sich zunehmend von Hilfsstoffen getrennt. Acerola (Vitamin C), Malz und Hefe sind die einzigen, die noch verwendet werden, bestätigt er: «Wir setzten zehn Gramm Acerola pro Liter ein und werden es auf fünf Gramm reduzieren. Wir könnten sogar darauf verzichten. (…) Wir verwenden es nur zur Sicherheit, falls der Sauerteig etwas zu wenig Kraft hat.»
Selbst machen
Alphonse Pellet macht keinen Hehl daraus, dass er in der Vergangenheit auf Hilfsmittel und auch Halbfabrikate zurückgegriffen hat. Doch seine Vorstellung von der Bäckerei hat sich geändert. «Es ist einfach, alles zu kaufen, was man angeboten bekommt. (…) Irgendwann muss man sich jedoch fragen, warum man es nicht selbst macht!» Dabei setzt er auf Rohstoffe aus der integrierten Produktion. «Für die Butter arbeite ich mit einem Freiburger Unternehmen zusammen, weil ich nichts gefunden habe, das näher und zugleich handwerklicher ist. Die Mehle stammen von Westschweizer Mühlen, die Produkte von gleichmässiger Qualität aus Schweizer Getreide liefern.»
Mit dieser Veränderung tritt er in gewisser Weise in die Fussstapfen seines Vaters Henri, der die Bäckerei vor ihm führte. «Ich habe nicht direkt mit ihm zusammengearbeitet, aber wir blieben in Kontakte. Er hat seine Teige am Abend gemacht. So hatten sie Zeit zum Fermentieren. Nicht umsonst gehörte er zu den ersten Chevaliers du bon pain.»
«Die Bemerkungen meines Vaters waren nicht so dumm …»
Der junge Alphonse warf ihm vor, seine Zeit zu verschwenden und riet ihm, stattdessen Hefe zu verwenden. «Nachdem mein Vater gestorben war, dachte ich lange über seine Bemerkungen und seine Art, Dinge zu tun, nach. Diese waren nicht so dumm …» Im Laufe der Zeit gab Alphonse Pellet die Lieferungen auf, um sich auf den Direktverkauf zu konzentrieren. Er änderte einige seiner Rezepte und seine Vorstellung vom Handel.
Sich vom Mittelmass abheben
Dieser Richtungswechsel war in den Augen des Bäckermeisters gar nicht so schwierig. Seine einzige Verpflichtung bestand darin, sein Produktionsteam zu überzeugen. Dieses fürchtete vor allem Mehrarbeit. Um seine Mitarbeitenden zu überzeugen, verwies Pellet einerseits auf das Verkaufsargument der Natürlichkeit und andererseits auf die berufliche Bereicherung. «Wenn sie lernen, mit Sauerteig zu arbeiten, werden sie bessere Bäcker und heben sich vom Mittelmass ab.
«Das Überleben der handwerklichen Bäckerei hängt von der Rückkehr zur traditionellen Produktion ab.»
Man muss sich nur die meisten Menschen ansehen, um das zu erkennen. Wenn man über das Thema spricht, hat man das Gefühl, dass man mit Ausserirdischen spricht, die unsere Sprache nicht verstehen.» Pellet ist überzeugt: «Das Überleben der handwerklichen Bäckerei hängt von der Rückkehr zur traditionellen Produktion ab. Das Wissen des Bäckers muss das Brot sein, nicht die Pulvermischung!»
Kontrollierter Säuregehalt
Das «gute Feedback» seiner Kundinnen und Kunden scheint ihm Recht zu geben. Die bei Sauerteigprodukten hervorgehobenen Eigenschaften sind Geschmack, Qualität und eine längere Haltbarkeit. Der gewählte pH-Wert liegt bei 5 – ein Säuregrad, der gut ankommt: «Wenn er zu stark ausgeprägt ist, bringen mir die Kunden die Produkte zurück. Das war zum Beispiel beim Roggenbrot der Fall, das wir schliesslich milder machten.»
Andere Kundinnen und Kunden weisen auf den Vorteil der besseren Verdaulichkeit der Brote hin. «Sie können sich den Grund dafür jedoch nicht erklären. (…) Wir müssen ihnen jedes Mal darlegen, dass dies am Sauerteig und am Verzicht auf Zusatzstoffe liegt.»
Es muss noch Kommunikationsarbeit geleistet werden. An dieser Aufgabe sei das Verkaufspersonal beteiligt. Leider, so der Chef, fehle es ihnen oft an Weiterbildung: «Tagsüber arbeitet eine Verkäuferin. Sie muss für die Teilnahme an einem Kurs von der Arbeit fernbleiben. Wir können nicht vier
oder fünf Personen gleichzeitig schicken. Sie wären also fast gezwungen, Abendkurse zu besuchen. (…) Wenn es sich nicht um Menschen handelt, die sich echt für die Produkte interessieren, ist dies kompliziert.»
100 % handwerklich
Um seinen Kunden mitzuteilen, dass er zu 100 % handwerklich arbeitet und keine Zusatzstoffe mehr verwendet, erwägt Alphonse
«Ich habe vor, Brote mit 48 Stunden Ruhezeit herzustellen.»
Pellet verschiedene Lösungen. «Ich habe auch vor, Brote mit einer Ruhezeit von 48 Stunden herzustellen, im Gegensatz zu den heutigen mit 15 bis 20 Stunden. (…) Wenn wir Bäcker sind, sollten wir Freude daran haben, unser Wissen zu nutzen, um gute Dinge zu produzieren!»
Bereits 145 Jahre im Geschäft
Die Bäckerei Alphonse Pellet SA in Uvrier (VS) ist ein Familienbetrieb, der seit 1876 stets an die nächste Generation übergeht. Alphonse Pellet selbst trat die Nachfolge seiner Eltern, Henri und Fernande, an. Seine Kinder stiegen 2017 ins Unternehmen ein. Seine Tochter Magalie ist Vorstandsmitglied des Walliser Bäcker-Confiseurmeister-Verbandes und Detailhandelsfachfrau. Sein Sohn Thierry hat seinen Lehrabschluss im Alter von 40 Jahren gemacht. Beide ergänzen die rund 20 Mitarbeitenden des Unternehmens, darunter vier Lernende.
Nachdem Alphonse Pellet die Lieferungen praktisch eingestellt hat, konzentriert er sich auf den Verkauf im eigenen Laden sowie auf das Tearoom und seinen Catering-Service. Im vergangenen Jahr waren die beiden letztgenannten Standbeine von der Pandemie betroffen. Das führte zu Umsatzeinbussen von 30 %. Dagegen stieg der Umsatz mit Backwaren und Patisserie um 20 %.