Im September finden in Bern zum zweiten Mal die branchenübergreifenden Schweizer Berufsmeisterschaften SwissSkills statt. «panissimo» unterhielt sich mit Bundesrat und «Wirtschaftsminister» Johann Schneider-Ammann über den Anlass und über die duale Berufsbildung im Allgemeinen.

Bundesrat Johann Schneider-Amman
Die SwissSkills haben das Ziel, die duale Berufsbildung in unserer Gesellschaft zu stärken. Was muss Ihrer Ansicht nach zusätzlich unternommen werden, um das Ansehen bei der Lehrerschaft und den Eltern zu verbessern?
Der Entscheid, eine Berufslehre zu beginnen, hängt stark von den damit verbundenen Arbeitsmarkt- und Karriereperspektiven ab. Unser Berufsbildungssystem ist heute sehr durchlässig und so ausgestaltet, dass es unter dem Motto «kein Abschluss ohne Anschluss» Karrieren und weiterführende Ausbildungen für alle bietet. Mit abgeschlossener Berufslehre steht die ganze Palette der höheren Berufsbildung offen, Absolventinnen und Absolventen mit Berufsmaturität können sich an Fachhochschulen oder via Passerelle auch an universitären Hochschulen weiter qualifizieren. Oft sind diese Vorteile jedoch noch zu wenig bekannt. Kommunikationsanstrengungen wie beispielsweise Berufsmeisterschaften, Berufsmessen oder die Kampagne berufsbildungplus.ch schaffen hier Abhilfe.

Laufen wir mit der Berufsbildung 2030 nicht Gefahr, die Lehre zu verakademisieren?


Das Leitbild Berufsbildung 2030 zielt keineswegs auf eine Verakademisierung der Berufsbildung ab. Im Gegenteil. Es positioniert die Berufsbildung auch 2030 als das wichtigste Angebot zur Qualifizierung von Fachkräften für den Arbeitsmarkt und als zentralen Teil des schweizerischen Bildungssystems. Die Dualität zwischen Praxis und Theorie wie auch die Arbeitsmarktorientierung sind grundlegende Prämissen zur Implementierung des Leitbilds Berufsbildung 2030. Es sind unter anderem diese Stärken, die das Schweizer Berufsbildungssystem zum Erfolgsmodell machen. Von ihnen wird auch in Zukunft nicht abgewichen.

Sie betonen jeweils, wie wichtig das duale Bildungssystem ist. An die Ausbildner werden unter anderem im Zusammenhang mit der Digitalisierung immer höhere Anforderungen gestellt, und die administrative Belastung hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Werden die KMUs nicht überfordert? Brot und Pralinen werden im Handwerk auch in Zukunft von Hand gefertigt …


Digitalisierung ist für die Branche kein neuartiges Phänomen. So haben die Berufsverbände im Bereich Bäcker-Konditor-Confiseur/in bereits im Jahr 2011 entschieden, auf eine Online-Lerndokumentation inkl. Rezeptbuch für die Lernenden zu setzen. Dies mit dem Ziel, die Arbeit der Lernenden und Berufsbildner zu erleichtern.

Die Lerndokumentation dient den Lernenden beispielsweise als Nachschlagewerk, individualisiertes Lerninstrument, ergänzendes Kommunikationsmittel oder Hilfsmittel bei der praktischen Arbeit im Qualifikationsverfahren. Auch für den Berufsbildner hat die Lerndokumentation Vorteile. Sie liefert beispielsweise eine Übersicht über den aktuellen Stand und den Fortschritt der Ausbildung.

Wie stehen Sie zum Trend – vor allem in der Romandie – weg von den normalen Ausbildungsbetrieben hin zu Lehrwerkstätten?


Die duale Grundbildung ist eine Stärke des Schweizer Bildungssystems. Sie integriert Jugendliche bereits während der Lehre optimal in die Arbeitswelt und versorgt die Wirtschaft mit ausreichend Fachkräften. Um den Branchennachwuchs sicherzustellen, können Lehrwerkstätten in Wirtschaftsbereichen, in denen ein Mangel an Lehrbetrieben festzustellen ist, durchaus Sinn machen.

Viele junge Berufsleute bereiten sich zurzeit auf die Lehrabschlussprüfungen vor. Was geben Sie ihnen mit auf den künftigen Weg?


Zuerst möchte ich ihnen zu ihrer Berufswahl gratulieren. Sie alle haben einen kreativen, vielseitigen und anspruchsvollen Beruf erlernt, der beste Berufschancen auf dem Arbeitsmarkt eröffnet. Die Arbeitswelt steckt jedoch in einem Prozess umfangreicher Veränderungen und verlangt Arbeitskräften stetig neue Kompetenzen ab. Mehr und mehr sind beispielsweise Bereitschaft zur Mobilität und Flexibilität, Sprachfertigkeiten oder «Digital Skills» gefragt.

Ich fordere die jungen Leute deshalb auf: Bleiben Sie stets am Ball. Machen Sie die Transformation der Berufs- und Arbeitswelt nicht nur passiv mit, gestalten Sie sie aktiv. Damit sichern Sie sich nicht nur langfristigen Erfolg, sondern auch dauerhaften Spass an der Arbeit.

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