Mit dem vorliegenden Sessionsbericht endet die aktuelle Legislaturperiode – am 20. Oktober wählt die Schweiz ein neues Parlament. 13 Vorlagen kamen parlamentarisch unter Dach und Fach, darunter der Gegenvorschlag zur Initiative für einen Vaterschaftsurlaub, der für Väter nach der Geburt eines Kindes zwei Wochen bezahlten Urlaub vorsieht.

Das Wichtigste aus der Herbstsession:

  • Vaterschaftsurlaub: Väter erhalten nach der Geburt ihres Kindes künftig zwei Wochen bezahlten Urlaub. Der vierwöchige Vaterschaftsurlaub konnte im Parlament dagegen nicht bestehen. Wie der Bundesrat empfiehlt eine Mehrheit die Initiative zur Ablehnung. Die Initianten haben ihr Volksbegehren nun zurückgezogen. Die gesetzliche Lösung könnte bereits Mitte 2020 umgesetzt werden, wenn kein Referendum ergriffen wird. Kostenpunkt: 229 Mio. CHF pro Jahr, finanziert über höhere Lohnabzüge aller Arbeitstätigen in diesem Land. Der SBC lehnte die Initiative und den Gegenvorschlag ab. Im Parlament wird der Ruf nach grosszügigeren Elternzeitmodellen aber noch lauter werden.
  • Familienzulagen: Ausbildungszulagen sollen künftig schon ab 15 Jahren ausbezahlt werden. Das Parlament hat eine entsprechende Revision des Familienzulagengesetzes verabschiedet. Die Vorlage war in beiden Räten unbestritten. Heute werden Ausbildungszulagen ab 16 Jahren ausgerichtet. Weiter sollen arbeitslose, alleinerziehende Mütter während des Bezugs der Mutterschaftsentschädigung künftig Familienzulagen erhalten.
  • Datenschutzgesetz: Um Wettbewerbsnachteile für die Schweiz und hiesige Unternehmen zu verhindern, ist die Revision EU-konform umzusetzen. Dabei sollte aber ein unnötiger Swissfinish vermieden werden. Der Nationalrat ist in beiden Punkten auf Kurs: Die Äqui­valenz mit EU-Bestimmungen ist grossmehrheitlich hergestellt, während zusätzliche Rechtsverschärfungen zumeist vermieden werden konnten. Als Nächstes ist der Ständerat am Zug, der die Vorlage in verschiedenen Punkten noch verbessern kann.
  • Standortförderung: Bei der Standortförderung in den Jahren 2020 bis 2023 haben die beiden Räte eine Lösung gefunden. Das Parlament ist nur beim Tourismus grosszügiger als der Bundesrat. Dieses erweiterte den Zahlungsrahmen für Schweiz Tourismus für die nächsten vier Jahre von 220,5 auf 230 Mio. CHF.
  • Überhöhte Importpreise: Der Ständerat hat eine Parlamentarische Initiative dazu abgeschrieben, obwohl die komplette Behandlung der Fair-Preis-Initiative (sie wird u. a. vom SBC unterstützt) und des indirekten Gegenvorschlags noch aussteht. Die berechtigten Anliegen zum diskriminierungsfreien Einkauf von Produkten zu fairen Preisen als entscheidender Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Beherbergungsbranche müssen gleichwohl über die Volksinitiative oder einen angepassten Gegenvorschlag verwirklicht werden. Entsprechende Anpassungsforderungen an den indirekten Gegenentwurf hat die Branche bereits deponiert. Jetzt ist die nationalrätliche Wirtschaftskommission gefordert, diese in den zurzeit noch ungenügenden Gegenvorschlag des Bundesrates einzubauen.
  • Preise: Das Parlament will einfachere Vorschriften zur Bekanntgabe von Preisen. Der Nationalrat hat am Mittwoch eine Motion gegen den Willen des Bundesrats und der rot-grünen Minderheit überwiesen. Der Vorstoss verlangt, die Preisbekanntgabeverordnung anzupassen. In der Werbung sollen Preise und Rabatte nicht mehr auf jedem Werbemittel kommuniziert werden müssen. Verweise auf digitale Quellen – etwa QR-Codes oder URL – sollen genügen.
  • Stellenmeldepflicht: Der Bund wird sich künftig an den Kosten für die Kontrolle der Stellenmeldepflicht beteiligen. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat die Gesetzesgrundlage dafür gutgeheissen. Die Räte haben beschlossen, die Regelung bis Ende 2023 zu befristen.
  • Zoll: Der Ständerat hält an der Wertfreigrenze von 300 CHF für private Einfuhren aus dem Ausland fest. Er hat eine Standesinitiative des Kantons Thurgau abgelehnt. Diese fordert, dass die Wertfreigrenze nicht geltend gemacht werden kann, wenn die ausländische Mehrwertsteuer zurückverlangt wird.
  • Gewerbe: Der Bundesrat soll prüfen, wie Kantone und Gemeinden dazu gebracht werden können, smarte Industrie- und Gewerbezonen zu schaffen. Diese Zonen sollen vieles erfüllen: Bedürfnisse von Unternehmen decken, den Verkehr reduzieren, Energie sparen und den Boden schützen. Bei der Einrichtung der Industrie- und Gewerbezonen solle ganzheitlich vorgegangen werden.
  • Altersvorsorge: Der Ständerat will neue Steuerbegünstigungen für Vermögende einführen. Wer in früheren Jahren nicht in der Lage war, in die Säule 3a einzuzahlen, soll das später nachholen können. Die höheren Einzahlungen sollen vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden können.
  • Gebühren: Keine doppelte Belastung der Unternehmen durch horrende Radio- und Fernsehgebühren. Obwohl mittlerweile jeder Privathaushalt Radio- und TV-Gebühren entrichten muss – selbst, wenn kein Radio oder Fernseher vorhanden ist – werden Unternehmen nochmals zur Kasse gebeten. Dieser Doppelbelastung will eine Parlamentarische Initiative von SVP-Nationalrat Gregor Rutz – unterstützt von der bürgerlichen Mehrheit im Nationalrat – den Stecker ziehen.
  • Lebensmittel: Der Bundesrat soll die Einführung eines Verfalls- statt eines Mindesthaltbarkeitsdatums auf Lebensmitteln prüfen. Das verlangt der Nationalrat mit einem stillschweigend überwiesenen Postulat. 45 % der gesamten Lebensmittelverschwendung fielen im Privathaushalt an – nicht zuletzt, weil vermeintlich abgelaufene Lebensmittel nicht mehr verzehrt würden, die eigentlich noch ge­niessbar wären. Der Bundesrat ist bereit, das Anliegen im Rahmen der Ausarbeitung des Aktionsplans zur Reduktion der Lebensmittelabfälle anzuschauen.
  • n Arbeit auf Abruf: Der Bundesrat muss prüfen, ob Angestellte, die auf Abruf arbeiten, im Arbeitsvertrag einen besseren sozialen Schutz erhalten sollen.
  • Klimaschutz: Der Klimaschutz war ein zentrales Thema in der Herbstsession und vor den Wahlen. Das Fliegen und das Autofahren sollen teurer werden. Aus Sicht des SBC muss der Klimaschutz mit wirkungsvollen und gleichsam wirtschaftlich tragbaren Massnahmen angegangen werden. Das Parlament hat eine Flugticketabgabe sowie Mass­nahmen mit Auswirkung auf den Benzinpreis beschlossen. Der Rat blieb auf jenem Kurs, den die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie eingeschlagen hatte. Die Flugticketabgabe soll mindestens 30 und höchstens 120 CHF betragen. Der Benzin- und Dieselpreis dürfte wegen der verschärften Kompensationspflicht für die Importeure steigen – bis 2024 aber höchstens um 10 Rappen pro Liter und ab 2025 höchstens um 12 Rappen. Verschärft werden sollen auch die Vorgaben für die Neuwagenflotte. Im Weiteren steigt der maximale Satz der CO2-Abgabe auf Brennstoffen.
  • Keine Massnahmen beschloss der Ständerat gegen klimaschädliche Investitionen des Finanzsektors. Der Bundesrat ist aber dabei, mögliche Wege zu prüfen. Weiter soll der Bundesrat aufzeigen, wie die Realisierung von Ersatzneubauten und die Erneuerung bestehender Bauten mit höherer Nutzung im Interesse einer optimalen energetischen Sanierung und der inneren Verdichtung innerhalb der Bau­zonen erleichtert werden könnten. Für Altbauten soll ab 2023 ein CO2-Grenzwert gelten, wenn die Heizung ersetzt werden muss. Hausbesitzer könnten mit dem beschlossenen Grenzwert nur noch dann eine neue Ölheizung einbauen, wenn das Haus gut isoliert ist. Als wichtiger Grundsatz gilt es innerhalb der klimapolitischen Gesetzgebung zwingend die Rechts­sicherheit zu wahren. Bei einem Scheitern oder verspätetem Inkrafttreten der Revision würden alle bis 2020 befristeten Massnahmen auslaufen – so auch die CO2-Abgabenbefreiung mit Verminderungsverpflichtung. Dagegen sind zwingend die nötigen Vorkehrungen im Sinne von Übergangsbestimmungen zu treffen.

Deklaration: Es droht zusätzlicher Aufwand

In der letzten Sessionswoche wurden fünf Vorstösse eingereicht, die eine Deklaration der Herkunft im offenen Verkauf von Brot- und Backwaren fordern. Es erfolgte vorgängig leider keine Rücksprache mit der SBC-Verbandsspitze. Zurzeit werden die verschiedenen Vorstösse vertieft analysiert. Deshalb kann der SBC noch keine offizielle Stellungnahme dazu abgeben. «Wir nehmen die steigenden Backwaren­importe ernst. Es gibt ganz klar Handlungsbedarf», betont SBC-Direktor Urs Wellauer. Aus diesem Grunde hatte der Berner BDP-Nationalrat Lorenz Hess 2017 mit einem Vorstoss die Wiedereinführung der Brotkonsumstatistik gefordert. Der Bundesrat lehnte diesen jedoch ab.
Bei den vorliegenden Vorstössen gelte es aber, grosse Vorsicht walten zu lassen, warnt Urs Wellauer. Es darf keine weitere Regulierung für gewerbliche Betriebe geschaffen werden, die eine verschärfte Deklaration im Offenverkauf vorschreibt. Damit würde ein erheblicher, zusätzlicher administrativer Aufwand entstehen. Der SBC will das handwerk­liche Gewerbe schützen. Er will die Regionalität, die Qualität und die Transparenz fördern. Deshalb hat der Kongress im vergangenen Juni zur Branchenvereinbarung grünes Licht gegeben.

Industrielle Unterstellung

Der Ständerat hat noch nicht entschieden, ober er die Unterscheidung zwischen industriellen und nichtindustriellen Betrieben im
Arbeitsgesetz abschaffen will oder nicht. Er hat eine Motion von Werner Luginbühl (BDP /BE) zur Vorberatung an seine Kommission überwiesen. Aus Sicht Luginbühls ist die Unterscheidung nicht mehr zeitgemäss. In den frühen 1970er Jahren sei es sinnvoll gewesen, Fabriken strengeren Bestimmungen zu unterwerfen als gewerbliche Betriebe. Heute gebe es aber keinen Grund mehr dafür, schrieb er in seiner Motion. Der Bundesrat stellt sich gegen die Motion. Die Abschaffung der Unterscheidung zwischen industriellen und nichtindustriellen Betrieben hätte weitgreifende Konsequenzen, hielt er fest. Der SBC ist sehr aktiv in diesem Geschäft und kann die Antwort des Bundesrates nicht ganz nachvollziehen. Unser Verband wird nun das nötige Argumentarium für die Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben (WAK) zusammenstellen und entsprechend für den Vorstoss lobbyieren.

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