Benjamin Korb ist Geschäftsführer der Bio-Bäckerei Neuhof in Schlieren (ZH). Er ist überzeugt, dass kleine Handwerksbäckereien mit der richtigen Haltung und einer direkten Kommunikation an Image gewinnen.

Mein Name ist Benjamin Korb. Ich bin 30 Jahre alt und auch fast schon so lange auf meinem Beruf als Bäcker-Konditor tätig. Ich wurde in eine Bäckerfamilie hineingeboren und habe so das Handwerk leben und lieben gelernt. Mein Grossvater hat seine Bäckerei zu Kriegszeiten in Deutschland eröffnet. Mein Vater hat diese weitergeführt.
Zusammen mit meinen drei Schwestern unterstützten wir unsere Eltern immer in der Backstube. Vor allem beim Putzen am Samstag wurde ich sehr gebraucht.
Zwei meiner Schwestern machten im Familienbetrieb eine Ausbildung zur Detailhandelsfachfrau. Ich hingegen absolvierte meine Bäckerlehre bei einem Freund von meinem Grossvater, der von ihm ausgebildet worden war. Sein Betrieb ist etwas grösser und etwa 25 Kilometer von meinem Wohnort entfernt. Ich fuhr jeden Tag bei Wind und Wetter – auch bei tiefstem Schnee – mit meinem 50-km /h-Töffli nachts um zwei Uhr zur Arbeit.
Nach der Lehre kehrte ich zurück in den Elternbetrieb. Ich vertrat meinen Vater, der für sechs Monate nach Südafrika reiste, um dort eine Bäckerei aufzubauen. Nach seiner Rückkehr absolvierte ich die Meisterprüfung und die Weiterbildung zum Betriebswirten in der Bäckerfachschule in Dresden.

Eine wertvolle Arbeit

Da ich schon immer einmal von Zuhause weg wollte, ergab sich nach der Meisterprüfung die Möglichkeit, zusammen mit meiner Ehefrau – einen Monat vor der Abreise haben wir geheiratet – ins Ausland zu gehen. Nach längerem Suchen öffnete die Schweiz uns die Tür. Ich erhielt einen Job in der Bäckerei St. Jakob in Zürich. Diese Arbeitsstelle hat mir aufgrund des sozialen Aspekts sehr gefallen. Ein Jahr später zog ich weiter und machte Halt in zwei weiteren Bäckereien, wo ich als Produktionsleiter und stellvertretender Produktionsleiter tätig war.
Dann bot sich mir die Chance als Berufsbildner zu arbeiten. Es bereitet mir bis heute viel Freude, Lernende auszubilden, und ich finde es eine sehr wertvolle Arbeit, die wir als Fachleute leisten können.
Kurze Zeit später wurde mir angeboten, den Posten des Geschäftsführers der Bio-Bäckerei Neuhof zu übernehmen. Eine Gelegenheit, die ich beim Schopf packte.
Es passierte einiges in dieser Zeit. Ich investierte in das Personal und habe viel gelernt – nicht nur auf fachlicher Ebene, sondern auch auf persönlicher. Ausserdem standen ein Umzug und die Umstrukturierung unseres Betriebs an.

Eine intensive Zeit

Mittlerweile ist unsere Tochter vier Jahre alt. Es ist immer eine grosse Herausforderung Familie und Job unter einen Hut zu bringen. Es benötigt viel Planung und eine Ehefrau, die mir den Rücken freihält.
Bisher produzierten wir nur für einige ausgewählte Detailhändler und Bioläden. Deshalb wollten wir einen eigenen Laden und eine grössere Produktion in Stadtnähe aufbauen.
2019 war es soweit. Die Planungszeit war intensiv, da wir nicht nur räumlich, sondern auch personell um 50 % gewachsen sind.
Es gab und gibt auch heute noch viele Prozesse anzupassen und zu optimieren, aber ich bin sehr dankbar für das, was ich bis jetzt alles erreicht habe. Seit Februar 2019 sind wir mit unserer Bio-Bäckerei Neuhof in Schlieren mit eigenem Verkaufsladen und angebauter Produktion vertreten. Wir beschäftigen nun fünf Angestellte und sechs Lernende mit individuellen Förderbedarf von der IV, eine Pädagogin und drei Verkäuferinnen.

Bäcker sind Künstler

Mein Ziel ist es, noch mehr in das Personal zu investieren und ihnen mit einer dienenden Haltung und ohne Erwartungen zu begegnen. Ich selbst habe dies von meinen Eltern gelernt. Als ich noch zu Hause wohnte, nahmen wir Flüchtlinge zu Hause auf. Ich möchte diese Werte weitergeben, denn als Christ ist mir Nächstenliebe sehr wichtig.
Das will ich natürlich auch in unserem Beruf umsetzten. Wir Bäcker sind Künstler. Was wir herstellen, sind alles individuelle Kunstwerke. Mir ist es wichtig, dass sich meine Mitarbeitenden in dem Setting austoben können und von der Freude angesteckt werden.
In der Backstube passieren so viele chemische, biologische und physikalische Prozesse. Diese machen den Beruf unglaublich komplex, aber auch interessant. Ich möchte diese Fakten unseren Auszubildenden mitgeben und ihnen von Anfang an Verantwortung übertragen. Denn Reife kommt nicht mit dem Alter, sondern mit der Verantwortung.

Wertvolle und sinnstiftende Arbeit

Wir müssen auch den Konsumentinnen und Konsumenten wieder in Erinnerung rufen, dass die Kreati­vität und Individualität unseres Handwerk mehr kostet als beim Industriebäcker und wir eine wertvolle und sinnstiftende Arbeit leisten. Ich denke, dass wir viel mehr auf unsere Kunden eingehen und direkt kommunizieren müssen. Verständnisvoll aber mit überzeugender Haltung können wir unseren Kunden viele Fragen beantworten und sie wieder von den kleinen Handwerksbetrieben überzeugen. Unsere wirklich wichtigen Werkzeuge sind unsere Hände, unser Instinkt und die Geduld.

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