2019 wird in die Schweizer Bäcker-Confiseur-Geschichte als das Jahr des Umbruchs eingehen: Im Juni hatte der Kongress grünes Licht für das Reorganisationsprojekt «Reload» gegeben. «panissimo» blickt im traditionellen Interview zu Jahresbeginn mit SBC-Präsident Silvan Hotz und -Direktor Urs Wellauer zurück und in die Zukunft.

Ein ereignisreiches Verbandsjahr liegt hinter uns. Wie geht es Ihnen?
Silvan Hotz:
Es geht mir ausgezeichnet, danke. Es liegt ein reich befrachtetes, intensives Jahr hinter uns, das allen Beteiligten viel Energie abverlangt hat, aber gleichzeitig konnten wir dank den unzähligen positiven Erfahrungen auch auftanken. Ich blicke mit Zufriedenheit und auch mit Stolz auf ein aktives und herausforderndes Jahr zurück.
Urs Wellauer: Alle, die im «Reload»-Projekt involviert waren, haben mit viel Engagement und Leidenschaft mitgewirkt. Jetzt geht es mit ebenso viel Kraft weiter: Es gilt weitere wichtige, wegweisende Entscheide für den Verband, für unsere Mitglieder zu treffen und die Massnahmen entsprechend umzusetzen.

Wie empfanden Sie die Stimmung unter den Kongress-Delegierten?
U. W.:
Die Diskussionen im Vorfeld und ebenso am Kongress selbst wurden kontrovers, aber fair
geführt. Wir sind diesen Weg bis zur Präsentation am Kongress behutsam gegangen und haben beispielsweise das Projekt an den
Kantonalversammlungen persönlich präsentiert und eine intensive Kommunikation betrieben.
S. H.: Die Stimmung nach dem Ja zu «Reload» war ausserordentlich positiv. Das Vertrauen in die Verbandsspitze hat mich sehr gefreut und mir bestätigt, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden.

Welches waren die grössten Herausforderungen seit dem Kongress?
S. H.: Die Kommunikationsabläufe zwischen ZV und Kantonalverbände bis zur Basis sowie das Zusammenwirken der Kantonalverbände in den Regionen. Wir machen unsere Arbeit ja schliesslich für unsere Mitglieder, diese müssen das aber auch spüren und wissen, dass wir für sie da sind.
U. W.: Ja, das muss noch optimiert werden. Wir arbeiten daran. Unterschätzt haben wir den grossen Aufwand für die Vorbereitung der diversen Sitzungen. Dies wird sich hoffentlich, wenn sich die Abläufe eingespielt haben, reduzieren.
S. H.: Im Zentralvorstand sitzen 15 Mitglieder. Das ist viel. Diese Grösse erschwert zum Teil die Abläufe und ein speditives Vorangehen.

Was würden Sie rückblickend anders machen?
(beide überlegen)

S. H.: Nichts. Wenn ich wünschen könnte, hätte ich gerne ein kleineres Gremium, nicht weil jemand im jetzigen ZV die Arbeit nicht macht, sondern weil ein Gremium mit 15 Personen es schwierig macht, allen gerecht zu werden. Das ist verbandspolitisch mittelfristig nicht möglich. Sicher gibt es noch Dinge, die verbessert werden können und müssen, aber dies ist Teil des Prozesses.
U. W.: Verbandspolitik wird gelebt, ist ein demokratischer Prozess, und dieser benötigt viele Gespräche, Zeit, Gespür und Geduld.
Die Erwartungen nach der Annahme von «Reload» sind gross und vielfältig.

Können Sie diese alle erfüllen?
S. H.:
Die Erwartungshaltung nach der Annahme von «Reload» ist tatsächlich gross und die Ideen sind verschieden. Dessen sind wir, jedes einzelne ZV-Mitglied, die Geschäftsleitung und ich, uns bewusst.
U. W.: Der SBC ist ein sehr heterogener Verband. Zu den Mitgliedern zählen Gross- und Kleinstbetriebe. Die regionalen Ansprüche sind zum Teil verschieden. Auch die Problemstellungen unterscheiden sich in gewisser Weise, ganz zu schweigen von den Spezialitäten in den verschiedenen Regionen und Betrieben, dem Verkauf und der Sprache. Die Kommunikation und die persönlichen Gespräche sind eminent wichtig.

Wie zufrieden sind Sie mit der Arbeit der Zentralvorstandsmitglieder?
U. W.:
Ich erfahre die Sitzungen mit dem Zentralvorstand als konstruktiv und zielorientiert. Klar musste sich zu Beginn das eine oder andere Mitglied in die Dossiers einarbeiten und die Abläufe verstehen. Was ich besonders schätze ist, dass die ZV-Mitglieder vorbereitet zu den Sitzungen erscheinen und sich entsprechend auch einbringen können. Dies war im alten ZV nicht immer der Fall.
S. H.: Ja, ich stelle eine markante Verbesserung fest. Die ZV-Mitglieder bereiten sich auf die Sitzungen vor, sind an den Meetings engagiert und ausdauernd. Denn die Traktandenliste ist lang und die Sitzungen dauern entsprechend bis in den Abend. Ein ganz grosses Merci an dieser Stelle an meine Kolleginnen und Kollegen für ihren Einsatz. Mein Dankeschön geht aber auch an ihre Partner/innen, die ein solches Engagement erst möglich machen.

Was steht im neuen Jahr an?
S. H.:
Am 21. Januar findet das Treffen mit den Kantonalpräsidenten und -sekretären statt. Im Moment sind wir stark mit den Vorbereitungsarbeiten dazu beschäftigt. Die Hauptthemen werden die neue Verbandsstrategie und die SwissSkills sein.
U. W.: Beschäftigen wird uns weiterhin die Politik. Ich erinnere an die Brotimporte und die industrielle Unterstellung, die Diskussionen um die Zucker- und Salzreduktion sowie um die Lebensmittelampel. Die Kommunikation mit unseren Mitgliedern, aber auch mit den Entscheidungsträgern sowie unspektakuläre, aber wichtige Knochenarbeit im Hintergrund sind weitere Aufgaben, die auf uns warten.
Ein weiterer Punkt im neuen Jahr wird sein, im Rahmen
des Strategieprozesses das Aus- und Weiterbildungsangebot an der Richemont Fachschule generell zu analysieren und für die Zukunft fit zu machen.

Apropos Richemont, in Yverdon-les-Bains wird 2020 ein langgehegtes Vorgaben Realität …
S. H.:
Die Eröffnung des Westschweizer Standortes der Fachschule Richemont in Yverdon-les-Bains wird sicher ein Höhepunkt werden. Ich bin überzeugt, dass dieses fran­kophone Zentrum von den Westschweizer Kolleginnen und Kollegen rege beansprucht werden wird.
Die Arbeiten dazu werden von Jean-François Leuenberger, unserem Vizepräsidenten, und der ARABPC geleitet und vom Zentralvorstand sowie von Richemont Luzern unterstützt.

Sie haben es gesagt. Auf dem politischen Parkett ist einiges los. Wie schaffen Sie dies als 2-Mann-Team?
U. W.:
Der Reorganisationsprozess hat viele Ressourcen absorbiert, so dass andere Aufgaben in der Prioritätenliste zwangsläufig etwas nach hinten gerutscht sind. Es gab noch anderes, das unvorhergesehen viel Zeit in Anspruch nahm, so das vom Kongress beschlossene ASA /Hygiene-Obligatorium und die Erneuerung unserer alten Hard- und Software. Trotz allem: Der Politik widme ich neben all diesen Herausforderungen die höchstmögliche Aufmerksamkeit im Dienste unserer Mitglieder.
S. H.: Die Hauptarbeit in der Politik betreibt Urs Wellauer. Er ist auf nationaler Ebene ausgezeichnet vernetzt. Ich unterstütze ihn als Präsident. Wir ergänzen uns ausgezeichnet. An dieser Stelle danke ich dir, Urs, und unserem Richemont-Direktor Reto Fries und ihren Teams für euren Einsatz zum Wohle unserer gewerblichen Branche.

Blicken wir in die Glaskugel: Wie sieht die mittelfristige Zukunft unserer gewerblichen Branche aus?
U. W.:
Die Welt des Schweizer Detailhandels hat sich in den letzten Jahren massiv verändert – und sie wird sich weiter verändern. Wir haben vor drei Jahren anlässlich der FBK eine Trendstudie veröffentlicht. 2020 werden wir diesen Faden wieder aufnehmen und für unsere Mitglieder regelmässig Trendreports veröffentlichen und sie damit im hart umkämpften Markt unterstützen.
S. H.: Für unsere Branche ist es trotz starkem Gegenwind auch eine Chance, wenn sich die Betriebe mit einer Qualitätsstrategie positionieren, auf Regionalität und auf Nachhaltigkeit setzen. Ein grosses Augenmerk muss zudem unbedingt dem Verkauf und der Kommuni­kation gewidmet werden. Denn was nützt ein Top-Produkt, wenn es nicht verkauft werden kann?

Sie haben die FBK erwähnt. Mitte Dezember haben Sie den künftigen Weg der Fachmesse kommuniziert. Ein letzter Notversuch oder steckt mehr dahinter?
U. W.:
Die Fachmesse für das Bäckereigewerbe FBK findet vom 16. bis 19. Januar 2021 statt und wird zum neuen Branchentreffpunkt der gewerblichen und industriellen Lebensmittel- und Getränkeproduktion. Die «FBK plus» richtet sich primär an die Branchen Bäckerei/Konditorei/Confiserie, Fleisch und Fleischwaren, Milch und Käse, Verpackung, Convenience sowie Kalt- und Warmgetränke.
S. H.: Es ist sicher nicht ein letzter Notversuch, sondern es steckt definitiv viel mehr dahinter. Die «FBK plus» ist von der Bernexpo Groupe in Zusammenarbeit mit dem SBC entwickelt worden und soll im 2-Jahres-Rhythmus in Bern stattfinden. Sie soll in Form einer Fachmesse, gepaart mit Themen- und Innovationsforen sowie Plattformen für Branchenanlässe, inhaltlich die gesamte Wertschöpfungskette abbilden und abdecken.

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