Ende des Tunnels und Licht in Sicht? Die Zahl der Lernenden in der Produktion ist zwar immer noch leicht abnehmend. Im Detailhandel kann hingegen eine Trendwende verzeichnet werden. Und der Blick in die Zukunft lässt Zuversicht schöpfen.

Die Zahl der Lernenden in der Bäckerei-Confiserie-Branche hat sich in den letzten Jahren etwas stabilisiert. Die Anzahl in der Produktion ist, verglichen mit dem Vorjahr, leicht gesunken, im Detailhandel gab es einen Anstieg. 2019 haben 607 Lernende ihre Ausbildung in der Produktion und 290 im Detailhandel begonnen. 2018 waren es noch 639 in der Produktion und 275 im Detailhandel. Die Gründe sind verschiedener Natur. «panissimo» hat bei den Kantonal- und Regionalverbänden nachgefragt.

Weniger Ausbildungsbetriebe

Im Kanton Waadt ist die Situation angespannt. Die Ausbildungsverantwortlichen sind der Meinung, dass der administrative Aufwand zu gross ist. «Obwohl die meisten gesetzlichen Bestimmungen bereits sehr lange bestehen, haben die Ausbildungsbetriebe Mühe mit dem Beurteilen der Lernenden (z. B. Führen der Bildungsberichte)», so Yves Girard, Direktor der Boulangerie & Confiserie Forma­tion Vaud.
Derselben Ansicht ist Pierre-Yves Actis vom Walliser Kantonalverband: «Ausbildnerinnen und Ausbildner werden durch immer strengere und anspruchsvollere Standards entmutigt.» Aufgrund des neuen Jugendschutzgesetzes hätten einige der Unternehmen die Ausbildung eingestellt, erklären die Verantwortlichen des Kantons Freiburg.

Keine geeigneten Kandidaten

Ein weiterer Aspekt ist ein Mangel an qualifizierten Kandidatinnen und Kandidaten. Im Kanton St. Gallen beispielsweise klagen die Ausbildnerinnen und Ausbildner, dass sie kaum geeignete Bewerber finden.
«Es ist zunehmend schwieriger, Lernende zu engagieren, die den Beruf aus Leidenschaft wählen», bestätigt auch Hans Jenny, Präsident des Glarner Kantonalverbandes. Deshalb komme es vermehrt zu Lehrabbrüchen. Viele seien nicht bereit, in der Nacht, am Wochen­ende und an Feiertagen zu arbeiten.
Für den Vertreter des Kantons Jura Benoît Yerly ist das fehlende Interesse der Jugendlichen ein möglicher Grund. Ein ähnliches Bild zeigt sich im Kanton Bern, konnten doch in den Vorjahren allein in der Produktion über 100 Lehrstellen besetzt werden, 2019 waren es nur noch knapp 80. Der Kanton Graubünden verzeichnet eine Einbusse von rund 50 % Lernenden seit 2001.

Lehrpersonen und Eltern

«Leider klebt immer noch ein «verstaubtes» Image an unseren Berufen», bedauert Peter Signer, SBC-Bildungsverantwortlicher der Produktion. Dieses veraltete Berufsbild habe sich in den Köpfen der Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrpersonen festgesetzt. «Da die Schulen in einem Wettbewerb stehen, wer mehr Oberstufen­schülerinnen und -schüler in ein Gymnasium bringt, werden es die Handwerksberufe immer schwer haben, sich zu positionieren», fährt Signer fort. Es stehe und falle mit den Lehrpersonen in der Oberstufe. Die wenigsten gelangen über einen zweiten Bildungsweg zum Lehrerberuf und wissen somit nicht, was Handwerk ist.
«Wir müssen unsere Berufe mit Mehrwerten ‹verkaufen›! Denn es ist die einzige Ausbildung, in der zwei Berufe in drei Jahren und drei Berufe in vier Jahren erlernt werden können», hebt Signer hervor. Danach stehen den Absolventinnen und Absolventen alle Möglichkeiten offen.

Anstieg im Detailhandel

Sehr erfreulich: Seit dem Rekordtief im 2018 gibt es wieder einen Aufwärtstrend im Detailhandel. Lisa Frunz, SBC-Bildungsverantwortliche Detailhandel, ist erfreut, warnt allerdings vor zu grossem Optimismus: «Wir sind noch nicht über dem Berg. Auch wenn die Wende erfreulicherweise eingetreten ist, so sind wir noch nicht auf dem Niveau von 2017 oder den Vorjahren.» Jetzt heisse es «drannä blibä», fordert die Branchenfrau. Es gelte, weiterhin für die Ausbildung im Detailhandel einzustehen und die jungen Schulabgängerinnen und -abgänger für die Bäckerei-Confiserie-Branche zu gewinnen.
«Gerade im aktuell hart umkämpften Markt ist ein gut aus­gebildetes Verkaufspersonal bedeutend», unterstreicht die Detailhandelsverantwortliche des SBC. Neben den hohen Fachkenntnissen seien Verkaufspsychologie und die Sozialkompetenzen von grosser Wichtigkeit. «Damit wir für diese Herausforderungen gewappnet sind, ist es essenziell, auf gute Ausbildungsbetriebe zählen zu können, die ihre Verantwortung wahrnehmen», so Frunz abschliessend. Deshalb sei auch die Weiterbildung der Mitarbeitenden im Verkauf im Allgemeinen enorm wichtig.

Positives aus Schaffhausen und der Innerschweiz

Eine positive Resonanz gibt es aus den Kantonen Ob- und Nidwalden: In den Betrieben, wo aktiv für den Nachwuchs geworben wird – beispielsweise mit Schnupperlehren, Berufsbildungstagen, Besuchen von Schulklassen, Tagen der offenen Tür – sei es kein Problem Lernende zu finden. Christoph Stiep, Chefexperte des Kantons Schaffhausen ist der Ansicht, dass sich der Lehrstellen-Markt verbessert hat.

Positive Aussichten

Es gibt Lichtblicke: Da die demographische Talsohle erreicht ist, wird es in Zukunft mehr Schulabgänger geben. Bereits 2020 werden 10 – 15 % mehr erwartet. Das ist eine Chance für die gewerblichen Bäckereien-Confiserien, die es zu nutzen gilt. Rolf Gutmann, QV-Leiter Ausbildungsregion Bern–Solothurn, hofft, von dieser Welle profitieren zu können.
Peter Signer bringt es auf den Punkt: «Es wird die Aufgabe jedes einzelnen Ausbildungsbetriebes sein, sich dementsprechend zu positionieren. Wichtig für die Zukunft sei für Peter Signer, dass nicht nur mehr Lernende gewonnen werden können, sondern auch genügend Ausbildungsplätze vorhanden sind. «Wenn ich sehe, dass die Berufsbildungskurse sehr gut gebucht sind, so stimmt es mich zuversichtlich.» Jetzt liege es an den Betriebsinhabern, den motivierten Mitarbeitenden die Möglichkeit zu geben, die Tätigkeit als Berufsbildner oder Berufsbildnerin auszuüben.
Dieser Meinung sind auch die Verantwortlichen im Kanton Neuenburg. Es sei unabdingbar, die Möglichkeit zur Ausbildung zu bieten, da ansonsten grosse Schwierigkeiten bevorstehen werden.

Lohnt es sich Lernende auszubilden?

Die Antwort lautet: Ja. Dies geht aus der Studie des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) hervor. Die Kosten-Nutzen-Erhebung zeigt, dass es sich für Lehrbetriebe lohnt, die Fachkräfte selbst auszubilden, anstatt extern zu rekrutieren. Mehr darüber im «panissimo» vom 24. Januar.

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