Mit einem Sessionsradar des eidgenössischen Parlaments und dem Politmonitoring geben wir einen kurzen Überblick der behandelten Geschäfte während der Sommersession sowie der aktuell hängigen Geschäfte.

Wichtigstes aus der Sommersession

Mehrwertsteuer – dauerhafte Verankerung des Sondersatzes für Beherbergungsleistungen: Die kleine Kammer hat entschieden, das Steuerprivileg für die Hotellerie auf zehn Jahre zu begrenzen. Damit stellte sie sich gegen den Entscheid des Nationalrats, der den Sondersatz dauerhaft im Gesetz verankern wollte. Der Nationalrat schwenkte aber stillschweigend auf die Linie des Ständerats ein, woraufhin das Gesetz in den Schlussabstimmungen verabschiedet wurde.

Bürokratieabbau durch Vereinfachung und Modernisierung des Arbeitsrechts: Das Geschäft wurde an den Bundesrat überwiesen, der nun einen entsprechenden Bericht in Auftrag geben muss.

Initiative «Überregulierung stoppen!» – Für jedes neue Gesetz muss ein bestehendes aufgehoben werden («one in, one out»): Der Nationalrat beschliesst, der Initiative Folge zu leisten. Die Parlamentarische Initiative geht nun in den Ständerat.

Gentechnikgesetz – Änderung: Der Nationalrat hat sich in der Sondersession 2017 für die Einführung eines Umweltmonitorings über mögliche Auswirkungen von gentechnisch veränderten Organismen sowie für Verwaltungsmassnahmen bei Widerhandlungen gegen das Gentechnikgesetz ausgesprochen. Uneinig waren sich die Räte über die Bestimmungen zur Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen in der Forschung.

Nun folgte der Ständerat in der Sommersession dem Nationalrat, der sich dagegen ausgesprochen hatte, dass das Verbot der Freisetzung von Antibiotika-Resistenzgenen in der Forschung aufgehoben wird. Damit wurde die letzte Differenz bereinigt und das Gesetz wurde in den Schlussabstimmungen angenommen. Der SBC befürwortet die Verlängerung des Moratoriums und damit die Annahme des Gesetzes.

Mit Regulierungsreduktion Nahrungsmittelverschwendung vermeiden: Der Bundesrat wird beauftragt, die massgebenden Gesetzesgrundlagen über eine Reduktion der Regulierung so zu vereinfachen, dass in der Lebensmittelindustrie die Lebensmittelverluste reduziert werden können. Laut einer Studie «Organische Verluste aus der Lebensmittelindustrie in der Schweiz» (ZHAW / Bundesamt für Umwelt BAFU) werden in der schweizerischen Lebensmittelindustrie jährlich rund 2,3 Millionen Tonnen Lebensmittel sowie Halbfabrikate produziert. Dabei fällt über alle Branchen betrachtet ein vermeidbarer Verlust von gut 0,35 Millionen Tonnen pro Jahr an. Die Kommis­sion für Wirtschaft, Bildung und Kultur (WBK) des Nationalrats vermutet, dass vermeidbare Verluste auch deshalb entstehen, weil gesetzliche Auflagen dies erforderlich machen bzw. dazu führen. Zudem ist teilweise die Weiterverwertung von Lebensmittelabfällen (z. B. im Bereich Tierfütterung) eingeschränkt. Der Bundesrat soll deshalb die bestehenden Gesetzesregulierungen (Gesetz, Verordnung, Weisungen) vereinfachen, reduzieren und abbauen, so dass die Verluste gesenkt werden. Der SBC befürwortet das Anliegen der Motion.

Importverbot für tierquälerisch erzeugte Produkte: Der Bundesrat wird beauftragt, unter Berücksichtigung internationaler Verpflichtungen ein Importverbot für tierquälerisch erzeugte Produkte zu erlassen. Der Nationalrat stimmte der Mo­tion zu. Das Geschäft geht damit an den Ständerat. Aus seiner wirtschaftspolitischen Grundhaltung stellt sich der SBC grundsätzlich gegen generelle Importverbote. Auch wenn der SBC tierquälerische Produktionsmethoden entschieden ablehnt, unterstützt er die Ablehnung der Motion: Beim Import ist es kaum möglich zu überprüfen, unter welchen Bedingungen ein tierisches Produkt im Ausland produziert wurde.

Stopp dem Präventionswahn: Leider wurde dieser Vorstoss abgelehnt und das Geschäft ist somit erledigt. Der Bundesrat hätte mit dem Vorstoss aufgefordert werden sollen, beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) im Bereich Prävention (Gesundheit, Ernährung, Konsum, HIV usw.) das Budget und den Personalbestand zu halbieren.

Den Schweizer Detailhandel nicht benachteiligen: Der Bundesrat soll mit diesem Vorstoss aufgefordert werden, die Freigrenze für die mehrwertsteuerbefreite Einfuhr von Waren aus dem Ausland zum privaten Gebrauch von CHF 300.– auf CHF 50.– zu reduzieren. Damit will der Motionär dem boomenden Einkauftourismus entgegenwirken. Der SBC hat diesen Vorstoss unterstützt. Der Ständerat hat das Geschäft aber nicht behandelt und an seine Wirtschaftskommission zu weiteren Abklärungen überwiesen.

Aktuelles Politmonitoring

Brotkonsumstatistik: Der SBC möchte, dass der Bund die periodische Publizierung zum Brot- und Backwarenkonsum wieder einführt («panissimo» Nr. 11). Dabei soll auch der Absatzkanal für die Importprodukte erfasst werden. Der Berner BDP-Nationalrat Lorenz Hess reichte in der Sondersession die Interpellation «Brotkonsumstatistik» ein. Der Bundesrat hat die Interpellation am 28. Juni beantwortet. Er lehnt das Anliegen ab. Vor allfälligen weiteren Schritten sollte die Antwort des Bundesrates auf die Interpellation von Nationalrat Bourgeois (Garantir l’origine des produits de boulangerie importés) abgewartet werden.

Arbeitsgesetz: Der SBC diskutiert derzeit einen Vorstoss zur Abschaffung von Artikel 5 des Arbeitsgesetzes. Dieser regelt die industrielle Unterstellung der Betriebe. Die Geschäftsleitung hat das Thema an seiner Märzsitzung 2017 diskutiert und der Zentralvorstand in der Aprilsitzung. Es wurde entschieden, einen entsprechenden politischen Vorstoss in der Sommer- oder Herbstsession einzureichen.

Die Allianzpartner teilen unsere Ansicht, dass monopolistische Stellungen im Versicherungsbereich bekämpft werden müssen. Allerdings sind sie auch der Meinung, dass eine Änderung /Anpassung des Artikel 5 ArG zu Gunsten der Unternehmen mutmasslich erfolgreichere Aussichten hätte als ein Vorstoss zur Streichung des ganzen Artikels. Zurzeit prüfen wir Alternativen. Der Schweizerische Gewerbeverband (sgv) erarbeitet zurzeit in einer Arbeitsgruppe (der SBC ist darin vertreten) eine Anpassung des Arbeitsgesetztes und der Verordnungen. Ziel ist, eine Senkung der Regulierungskosten im Arbeitsrecht zu erreichen.

Das Fazit nach der ersten Sitzung: Mehr Augenmass. Anpas­sungen im Sinne von erweiterten Ausnahmen auf Verordnungsstufe anvisieren, da deren Realisation naheliegender ist. Ausnahme: Unterstellung industrieller Betrieb (also unser Anliegen) auf Gesetzesebene angehen.

Zucker- und Fettsteuer: Das Thema Zucker- und Fettsteuer ist und bleibt aktuell. Verschiedene Westschweizer Kantone haben die Debatte über eine Besteuerung von gezuckerten Lebensmitteln lanciert («panissimo» Nr. 13). Süssgetränke-Steuern existieren heute in Ländern wie Frankreich, Finnland und Mexiko – aber auch in Regionen wie z. B. in den US-Städten San Francisco, Philadelphia oder Albany. Diverse Westschweizer Kantone haben nun die Debatte über eine Besteuerung von gezuckerten Lebensmitteln lanciert. Der Kanton Neuenburg hat am 25. April 2017 eine Standesinitiative eingereicht, welche die Bundesversammlung zur Prüfung auffordert, ob es zweckmässig ist, ein Spezialgesetz zu zuckerhaltigen Produkten zu erlassen.

Als Gegenvorschlag zu einer kantonalen Volksinitiative, die eine obligatorische Zahnversicherung forderte, hat der Grosse Rat des Kantons Waadt im Februar 2017 folgenden Gegenvorschlag präsentiert: Die Kosten sollen mit Hilfe einer Steuer auf zuckerhaltige Getränke gedeckt werden. Eingetrieben würde diese Steuer bei den Grossverteilern, welche die Detailhändler in der Waadt beliefern. Der Grosse Rat hätte am 20. Juni über die Vorlage abstimmen sollen. Allerdings war die zuständige Kommission mit der Detailberatung im Verzug. Ob der Grosse Rat die Zuckersteuer in den Gegenvorschlag aufnehmen wird, ist nach wie vor unklar.

Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) hat eine neue Ernährungsstrategie vorgestellt. Im Zentrum stehen die Selbstverantwortung der Menschen und verbesserte Kenntnisse über die Ernährung. Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) hat das BLV damit beauftragt, unter Einbezug wichtiger Akteure bis Ende 2017 einen Aktionsplan auszuarbeiten.

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