Am vergangenen Montag fand der 1. digitale Branchen-Stammtisch der Schweizer Bäcker-Confiseure statt. Es war ein offener Austausch, der aufzeigte, dass in dieser Krise alle zu kämpfen haben, die Herausforderungen gross sind, aber die Tat- und Innovationskraft aktuell noch verstärkter zu spüren ist.

«Die Corona-Krise hat in der Schweizer Wirtschaft tiefe Spuren hinterlassen. Der Schweizerische Bäcker-Confiseurmeister-Verband stand in den vergangenen Wochen in permanentem Kontakt mit Behörden, Politik und anderen Verbänden. In vielen Belangen herrscht Ungewissheit und Unsicherheit», eröffnete SBC-Präsident Silvan Hotz den 1. digitalen Branchen-Stammtisch. Trotz einem umfassenden Branchen-Pandemieplan und aktuellen, umfangreichen Infos sei die Verunsicherung bei den Verbandsmitgliedern nach wie vor gross.
Die SBC-Geschäftsstelle sowie der Rechtsdienst werden seit Woche mit Telefonanrufen «bombardiert». Zahlreiche Fragen werden immer wieder gestellt. Aus diesem Grund wurde ein digitaler Branchen-Stammtisch ins Leben gerufen.
Ausgewählte Key-Teilnehmende aus allen Regionen und mit verschieden grossen Unternehmen berichteten, wie es ihnen seit dem Lockdown ergeht und welche Massnahmen im Betrieb umgesetzt wurden.

Lukratives Ostergeschäft

Entgegen den Befürchtungen war das Ostergeschäft gemäss Aussagen von verschiedenen Key-Teilnehmenden sehr lukrativ – teilweise mussten sogar Schoggihasen nachproduziert werden. «Noch nie durften wir so viele zusätzliche Hasen herstellen», freute sich Geschäftsführer Franz Willi der Willi Beck AG in Sempach Stadt (LU).
In der Confiserie Roggwiller AG in St. Gallen wurde ein Crowdfunding für Osterhasen für das Pflegefachpersonal lanciert. Innerhalb von zwei Wochen seien 3700 Franken zusammengekommen. Daneben betrieben Martin Schnyder und seine Töchter einen Oster-Hauslieferdienst. «Wir wurden mit Bestellungen überfahren, und der Aufwand war riesig, aber jede Minute, die wir investiert haben, hat sich ausgezahlt», unterstreicht Martin Schnyder. Der Gesamtumsatz sei trotzdem brutal in den Keller gerasselt.

Neukunden dank Homeoffice

Die allgemeinen Umsatzeinbussen belaufen sich laut Angaben der Key-Teilnehmenden auf 30 bis 65 %. Vor allem die Cafés und die Gastronomiebereiche, die geschlossen werden mussten, sowie die fehlenden Lieferungen sind massgeblich dafür verantwortlich.
Fakt ist: Filialen in Dörfern und Aussenquartieren laufen aktuell besser als diejenigen in den Innenstädten. Dies ist auch bei der Reinhard AG, Bern, der Fall: «Der Quartierladen läuft besser. Dort verzeichnen wir einen Umsatzzuwachs von 10%», so Geschäftsführer Alexander Reinhard. Die Café Koller AG habe dank dem Homeoffice vieler Angestellter sogar Neukunden gewinnen können, berichtete Geschäftsführer David Koller.
Viele Bäckereien-Confiserien nutzten Synergien und spannten mit anderen Branchen oder Betrieben zusammen, eröffneten einen Heimlieferservice oder einen Webshop.
Good news gibt’s auch von den Brot-Hauslieferdiensten (siehe «panissimo»-Bericht vom 17. April). «leckerwissen.ch läuft super», bestätigte Roni Merz, Geschäftsführer Merz Chur, am Stammtisch. Auch bei Beck Lyner in Winterthur explodiere die Brot-Post buchstäblich, berichtete Betriebsinhaber Peter Lyner.

Jetzt heisst es Kosten sparen

In vielen Unternehmen musste die Produktion heruntergefahren und das Sortiment geschmälert werden, um Kosten zu sparen. Ebenfalls wurden die Arbeitszeiten gekürzt oder Teams aufgeteilt.
Um die Sicherheitsregeln einhalten zu können, wurden in den Verkaufsläden für den Spuckschutz Plexiglasscheiben montiert und zum Teil die Maskenpflicht in der Produktion eingeführt, dort wo der Sicherheitsabstand nicht eingehalten werden konnte – die Personalplanung musste auf den Kopf gestellt werden.

Touristenorte bluten

Der Einfluss auf den Tourismus ist sehr einschneidend. «In Graubünden ging es mit den Corona-Fällen, bedingt durch die Nähe zu Italien, sehr früh los. Wir starteten bereits früh mit der Sensibilisierung», blickte Roni Merz zurück. «Es war eine ‹strube› Zeit», fasste Peter Signer, Mitinhaber der Bäckerei-Konditorei-Café P. Signer in Zizers (GR) und Verantwortlicher für die Bildung Produktion beim SBC zusammen, aber er sei dankbar, auf solch treue Kunden zählen zu können.

Beim Walliser Unternehmen Zenhäusern Frères SA, Sion (VS), ist der Umsatz vom einen auf den anderen Tag eingebrochen, und seither ging er konstant zurück, so die Kurzanalyse von Geschäftsführer Jörg Zenhäusern. Events und Lieferungen fielen weg. Unterdessen habe sich die Lage zum Glück wieder einigermassen stabilisiert. «Wir haben die Zeit genutzt, um unsere Kommunikation zu verbessern. Dies war sehr wichtig, da die Mitarbeitenden verunsichert waren», unterstrich Zenhäusern.
Im Tessin ist die Lage besonders kritisch: «Es ist es sehr schwierig! Alle Geschäfte sind geschlossen und die Menschen bleiben zu Hause», erklärte Daniel Ricigliano (Unternehmen, Lugano). Die Konsumenten kaufen in den grossen Zentren ein und nicht beim gewerblichen Bäcker-Confiseur. Die Umsatzeinbusse belaufe sich auf 90 %.

Der positive Horror

In der Bäckerei-Confiserie Richner AG in Veltheim (AG) wird jedes Jahr ein spezieller Hase zu Ostern kreiert. Der diesjährige Corona-Hase war der absolute Renner und sorgte für nationales Aufsehen in den Medien. Barbara Richner beschrieb es am Stammtisch als den «positiven Horror». «Wir hatten ein Riesenglück, dass auch die Medienschaffenden aufgesprungen sind und wir mit dem erzielten Umsatz unsere Arbeitsplätze retten konnten», so Barbara Richner.
Maikäfer mit Schutzmasken würden jedoch keine produziert. Denn: Die Stimmung sei nach dem anfänglichen Hoch nach dem Lockdown bei der Bevölkerung angespannt und die Kundschaft würden nun eher Streicheleinheiten, etwas Herzlicheres brauchen.
Die Detailhandelsverantwortliche des SBC Lisa Frunz, Bebié Konditorei Confiserie GmbH in Luzern, bestätigte, dass der Umgang mit den Konsumenten nicht ganz einfach ist. Nicht nur wir, sondern auch unsere Kundschaft mussten sich an die neuen Richtlinien halten. Die Kunden darauf zu sensibilisieren brauchte am Anfang viel Energie. «Für die Geduld und Freundlichkeit winde ich dem Verkaufspersonal dafür gerne ein Kränzchen.»
Schöne Momente sind für Lisa Frunz auch, «wenn neue und bestehende Kundinnen und Kunden in den Laden kommen und sagen, dass sie uns mit ihrem Einkauf unterstützen und aufmuntern wollen».

Wie geht es weiter?

Eine Frage bleibt: Wie geht es nach der Lockdown-Phase weiter? Die Ungewissheit bereite allen Sorgen. Da es keinen Fahrplan gebe, sei die Zukunft sehr schwierig zu prognostizieren, so Silvan Hotz zum Schluss des Austauschs. Eines ist für den SBC-Präsidenten aber sicher: «Es wird nicht von heute auf morgen wieder alles normal sein.» Nun brauche es Zeit, und irgendetwas aus dieser Krise werde bleiben. Es gelte dafür zu sorgen, dass es das Positive ist, appellierte Silvan Hotz an die Teilnehmenden. Über das weitere Vorgehen werde der SBC zeitnah informieren. Abschliessend meinte Hotz: «Bleibt dran, reagiert proaktiv, seid Unternehmer, macht das Beste daraus und holt die Kundinnen und Kunden ab. Und zu guter Letzt: Die Kommunikation mit Mitarbeitenden und Kunden ist sehr wichtig.»

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