Der SBC-Zentralvorstand ist gegen die Einführung eines Vaterschaftsurlaubs. Zusätzliche Sozialabgaben für einen Vaterschaftsurlaub sind für Bäcker-Confiseure angesichts der aktuellen Corona-bedingten Herausforderungen nicht finanzierbar.

An einer früheren Sitzung hatte sich der ZV für den Gegenvorschlag zur Initiative für einen Vaterschaftsurlaub ausgesprochen. Mit der Corona-Krise hat sich die wirtschaftliche Lage in der Schweiz massiv verändert, so dass der ZV einstimmig beschlossen hat, Initiative und Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen. «Zusätzliche Lasten hätten für unsere KMU-geprägten Branche mit tiefen Margen fatale Folgen», betont SBC-Direktor Urs Wellauer.
In der Schweiz besteht kein im Bundesrecht geregelter Anspruch auf einen Vaterschaftsurlaub. Ein Vater kann bei der Geburt des Kindes im Rahmen der üblichen freien Tage Anspruch auf Urlaub geltend machen. Heute werden dem Vater meist ein bis zwei bezahlte Urlaubstage gewährt. Je nach Branche oder Unternehmen variieren Dauer und Entschädigung.

Die Initiative

Die Volksinitiative «Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub – zum Nutzen der ganzen Familie» ist von vier Dachverbänden der Arbeitnehmenden lanciert worden: Travail.Suisse, der Männer- und Väterorganisationen (männer.ch), der Frauenorganisationen (Alliance F) und der Familienorganisationen (Pro Familia Schweiz). Das Volksbegehren verlangt, dass alle erwerbstätigen Väter mindestens vier Wochen Vaterschaftsurlaub beziehen können. Dieser soll analog zur Mutterschaftsentschädigung im Erwerbsersatzgesetz geregelt werden.

Der Gegenvorschlag

Sowohl der Bundesrat als auch das Parlament lehnen die Initiative ab. Das Parlament hat jedoch – noch vor der Corona-Krise – einen indirekten Gegenvorschlag in Form einer Kommissionsinitiative für einen bezahlten Vaterschaftsurlaub ausgearbeitet. Dieser beinhaltet einen Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen, zu beziehen in den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes. Die Entschädigung in der Erwerbsersatzordnung soll gleich hoch sein wie in der bestehenden Mutterschaftsversicherung: 80 % des durchschnittlichen Erwerbseinkommens, höchstens aber 196 CHF pro Tag. Die Finanzierung soll mit der Erhebung von 0,06 zusätzlichen Lohnprozenten, je hälftig bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern, erfolgen. Der Bundesrat sprach sich im Mai 2019 gegen den indirekten Gegenvorschlag aus.

Das Referendum

Ein überparteiliches Komiteeaus Kreisen der SVP und der Jungfreisinnigen hat, etwas unerwartet und zum Teil auf umstrittene Weise (NZZ), erfolgreich das Referendumgegen den indirekten Gegenvorschlag zum Vaterschaftsurlaub ergriffen. Die Gegner wollen so den Ausbau des Sozialstaates bekämpfen und eine Mehrbelastung der Wirtschaft verhindern. Die Gesamtkosten für die Umsetzung der Lösung gemäss indirektem Gegenvorschlag (Anpassung des Obligationenrechts) würden sich gemäss Bundesamt für Sozialversicherungen auf rund 230 Mio. CHF pro Jahr belaufen.
Das Schweizer Volk wird am 27. September 2020 darüber befinden.

Die Vorgeschichte

Die Welt ist seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie Anfang 2020 eine andere.2019 brummte die Wirtschaft, die grüne Welle schwappte über die Schweiz und Europa, die Klimajugend dominierte die Nachrichten, und Themen wie Nachhaltigkeit, Umweltschutz sowie Work-Life-Balance standen auf der politischen Agenda. Ein staatlich verordneter Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen, zuvor jahrelang blockiert, wurde in diesem Kontext im Parlament mehrheitsfähig und Stimmen nach einer (noch) grosszügigeren Elternzeit fanden vermehrt Gehör. Der indirekte Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub – zum Nutzen der ganzen Familie» nahm diese gesellschaftlichen Entwicklungen auf und galt als gutschweizerischer Kompromiss. Während ein staatlich geregelter Vaterschaftsurlaub in der Bevölkerung womöglich weiterhin auf Zuspruch stösst, haben die Auswirkungen der Pandemie-Bekämpfungdie Ausgangslage stark verändert. Staatliche Finanzhilfen in historischem Ausmass, beantragte Kurzarbeit für rund 1/3 der Arbeitnehmerschaft in der Schweiz sowie ein vorübergehender Stopp von Betreibungen illustrieren aktuell die düstere wirtschaftliche Realität. Zudem droht der Schweiz – trotz gesunder Bundesfinanzen – eine hohe Staatsverschuldung sowie massive «Löcher» bei den bestehenden Sozialversicherungen (AHV, Arbeitslosenversicherung, Erwerbsersatzordnung) und in der beruflichen Vorsorge. Erhöhungen der Steuern sowie der Sozialversicherungsabgaben sind denkbare Szenarien.

Die Haltung des SBC

Die Bäcker-Confiserie-Branche ist besonders hart von den Konsequenzen der Corona-Krise und den entsprechenden rechtlichen Einschränkungen betroffen.
Die Betriebe in der Bäcker-Confiseur-Branche kämpfen ums Überleben. Eine zusätzliche Abgabe von 0,06 Lohnprozenten für einen Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen ist für die Branche wirtschaftlich nicht zusätzlich verkraftbar.
Zusätzliche Sozialabgaben für einen Vaterschaftsurlaub sind für Bäcker-Confiseure angesichts der aktuellen Corona-bedingten Herausforderungen nicht finanzierbar.
Der SBC lehnt deshalb die Initiative und den Gegenvorschlag ausdrücklich ab.

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