Das Parlament hat die Reform der Altersvorsorge 2020 am 17. März unter Dach und Fach gebracht. Was bedeutet dies für die Schweiz? Für die Wirtschaft? Für unsere Branche?

Der Bundesrat hatte die Botschaft im November 2014 dem Parlament überwiesen. Erstmals werden die 1. und die 2. Säule gleichzeitig und umfassend reformiert. Damit soll gemäss Bundesamt für Sozial­versicherung (BSV) die finanzielle Stabilität der schweizerischen Altersvorsorge gewährleistet und gleichzeitig das Rentenniveau erhalten werden.

Die wichtigsten Änderungen auf einen Blick

– AHV-Renten-Zuschlag für alle Neurentner ab 1. 1. 2019: Alleinstehende erhalten monatlich 70 Franken mehr, Ehepaare bis zu 226 Franken.

– Höhere AHV-Lohnabzüge um 0,3 % ab 2021 (Angestellte und Arbeitgeber teilen sich die Beiträge je hälftig auf): Die Erhöhung ist notwendig für die Finanzierung des AHV-Renten-Zuschlags.

– Flexiblere Pensionierung: zwischen 62 und 70 Jahre, neu auch mit Teilrenten.

– Mehrwertsteuer: Ab 1. 1. 2018 Umgruppierung der bis 31. 12. 2017 befristeten IV-Zusatzfinanzierung an die AHV von 0,3 % (löst keine zusätzlichen Kosten aus); ab 1. 1. 2021 Erhöhung der Mehrwertsteuer von 0,3 % (löst für alle zusätzliche Kosten aus), Aufhebung des AHV-Freibetrags von monatlich 1400 CHF bzw. 16 800 CHF im Jahr für erwerbstätige Rentnerinnen und Rentner.

– Höherer Bundesbeitrag an AHV.

– AHV und BVG: Rentenalter 65 für Frauen: Das Rentenalter steigt ab 2018 jährlich um drei Monate bis 2021.

– Tieferer BVG-Umwandlungssatz: Ab 2019 Reduktion in vier Schritten von 6,8 % auf noch 6 %. Im obligatorischen Teil der zweiten Säule; reduziert sich z. B. die jährliche Rente bei einem Kapital von 100 000 CHF von 6800 statt 6000 CHF.

– BVG: Abfederung der finan­ziellen Auswirkungen infolge Reduktion des Umwandlungssatzes für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die im Jahr 2019 45 Jahre oder älter sind.

– BVG: Senkung und Flexibilisierung des Koordinationsabzuges je nach Höhe des Jahreslohnes.

– BVG: Erhöhung der Sparbeiträge in Prozenten für die 35- bis 54-jährigen Arbeitnehmenden ab 2019 (die Erhöhung wird durch den Arbeitgeber und Arbeitnehmer je hälftig finanziert).

Die Folgen für Jung und Alt

– AHV und BVG: Für Frauen: Erhöhung des Rentenalters auf 65 Jahre. Der Schritt wird abgedämpft mit gleichzeitiger Erhöhung der AHV für Neurentner ab 2019 um 70 CHF. Für jene mit unterdurchschnittlichen Renten bedeutet dies, dass sie weiterhin mit 64 Jahren in Pension gehen können, ohne weniger AHV zu erhalten.

Mit der Erhöhung des Rentenalters zahlen die Frauen länger in die Pensionskasse ein, womit sich die Rente durchschnittlich um 4 bis 5 % erhöht. Hingegen müssen die Frauen bei der zweiten Säule höhere Lohnabzüge in Kauf nehmen. Die Privilegien bei den AHV-Witwenrenten werden nicht angetastet.

– AHV: Ehepaare, die nicht pensioniert sind, zählen zu den Gewinnern der Reform, da die künftigen AHV-Ehepaarrenten spürbar erhöht werden. Die maximale Paarrente steigt um 226 auf 3750 CHF monatlich. Sie erhalten weiterhin nicht zwei volle Einzelrenten, sondern nur 155 statt wie bisher 150 %.

– AHV für heutige Rentner: Sie werden, wie alle Konsumentinnen und Konsumenten, die Erhöhung der Mehrwertsteuer zu spüren bekommen.

– AHV und BVG für Kinder und Jugendliche: Sie werden die vollen Kosten der Altersreform 2020 zu spüren bekommen. Wer heute jung ist, muss sich auf weitere schmerzhafte Rentenreformen einstellen.

– AHV und BVG für die Wirtschaft: Durch die Erhöhung der Lohnbeiträge werden die ohnehin schon hohen Lohnkosten weiter steigen, was für die Schweiz als Wirtschaftsstandort schädlich ist. Die Erhöhung der AHV-Beiträge von 8,4 auf 8,7 % im Jahr 2021 trifft alle Branchen gleichermassen. Zusätzliche Mehrkosten für die Pensionskassen müssen primär Branchen mit tiefen und mittleren Löhnen vom Gewerbe über die Gastronomie bis zur Landwirtschaft in Kauf nehmen. Man rechnet mit Stellenabbau. Allerdings hat die Reform für die Wirtschaft auch positive Folgen: Die Kaufkraft der Rentner steigt.

– AHV für Spitzenverdiener: Sie müssen in Franken die grössten Opfer erbringen.

– AHV und BVG für Tieflohnbezüger: Hier gibt es eine kräftige Rentenverbesserung im Bereich von 2000 bis 3000 Franken jährlich (AHV und Pensionskasse zusammen). Im Gegenzug gibt es eine Erhöhung der Lohnabzüge.

Das Schweizer Stimmvolk kann am 24.9.2017 über die Reform entscheiden.

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