Dank modern gelebter Brotkultur hebt sich das Zürcher Quartier-Restaurant «Wilder Mann» deutlich vom fantasielosen «Brotkörbli» anderer Betriebe ab. Hier ist Brot fester Bestandteil kreativer Menükombinationen und weit mehr als nur Saucenauftunker. Die Bäckerei «John Baker» unterstützt sie dabei mit feinstem Bio-Brot.

Ein Betrieb ist nur so gut, wie seine Mitarbeiter. Das gilt bei Markus Marti auch für Restaurants. Der Gastronom betreibt mit seinem Team seit rund einem Jahr erfolgreich das dritte Zürcher Restaurant, die Quartier-Beiz «Wilder Mann». Zusammen mit Geschäftspartner Jürg Müller gibt er die kulinarische Ausrichtung vor, die Karte selbst sei dann aber ein Gemeinschaftswerk. «Das Konzept muss zur Gegend und zu den Menschen passen. Wir mussten also berücksichtigen, dass wir für Stadtzürcher relativ weit draussen liegen», sagt Marti. «Und wir wollten eine Karte, die für jede und jeden etwas bietet – ob nun Vegetarier, Veganer, Fisch- oder Fleischliebhaber. Dann lag es vor allem an Yves Bernreiter, unserem Küchenchef, all die Überlegungen zu interpretieren, in die Gerichte einfliessen zu lassen und auf die Karte zu bringen.»

Das bodenständig Gute

Bis alle hinter einer Karte stehen, wird viel diskutiert. Und angepasst. Für Yves Bernreiter war vor allem auch die Gästemeinung wichtig. «Klar verfolgen wir unsere Ideen. Diese müssen aber auch angenommen werden. Der Austausch mit den Gästen ist daher sehr wichtig. Hier im «Wilden Mann» haben wir festgestellt, dass wieder vermehrt das bodenständig Gute gesucht wird. Also weg vom hochstehend Experimentellen, hin zur «ursprünglichen Beiz» mit regionalen, qualitativ hochwertigen Produkten.» Wer nun langweilige Gerichte auf der Karte erwartet, wird vom Gegenteil überrascht. «Wir lassen uns davon nicht einschüchtern, sondern bleiben kreativ», sagt Marti. Insbesondere dann, wenn es darum geht, Reste zu verwerten und dem Foodwaste entgegenzuwirken. «Wir achten darauf, alles vom Tier zu verwerten und leben nach dem sogenannten Nose-to-Tail-Prinzip. Und das gilt bei uns für alle Lebensmittel.» Es erstaunt also nicht, dass auch Brot den Weg in einen Hauptgang findet. «Da wir Brot wie Reis oder Kartoffeln als «normale» Sättigungsbeilage betrachten, versuchen wir, es so interessant wie möglich zuzubereiten und im Gericht zu integrieren» sagt Bernreiter. Wie das bei den Gästen ankommt? «Es gibt zwar immer Leute, die sich das nicht vorstellen können und es für ungewöhnlich halten, dass wir Brot auf die gleiche Stufe stellen wir Spätzli oder Kartoffelstock», sagt Marti. «Schlussendlich überzeugen aber Aufmachung und Qualität der Produkte».

Qualitätsmerkmal «John Baker»

Der Konkurrenzkampf unter den Restaurants ist enorm, gerade auch in Zürich. Entsprechend wichtig sei, dass man seinen Gästen etwas Spezielles bieten könne. «Herkunft, Qualität und Frische der Zutaten spielen für mich dabei eine immense Rolle», so Marti. «Gerade bei Brot sind die Unterschiede offensichtlich. Ein billiges Aufbackbrot ist bereits nach fünf Minuten trocken. Schneiden wir hingegen unser John Baker-Brot auf, ist es auch nach Stunden noch frisch. Dazu kommt, dass sie dafür ausschliesslich regionale, ökologisch hergestellte und bio-zertifizierte Rohstoffe verwenden. Entsprechend ist der Name «John Baker» ein wichtiges Qualitätsmerkmal, auf das wir Wert legen und auf das wir auch auf unserer Karte hinweisen.» Nur so verstehe ein Kunde auch, wofür er bezahlt und das Brot erhalte die verdiente Aufmerksamkeit. Dies sei nicht zuletzt deshalb wichtig, da sich der Anspruch des Gastes auf ein gratis Brotkörbli – ähnlich wie beim Glas Leitungswasser oder der Tageszeitung – hartnäckig halte.

Umdenken ist nötig

Für Markus Marti ist klar: «Wo etwas gratis oder selbstverständlich ist, leidet die Wertschätzung – und zwar für das Produkt wie auch für das Handwerk.» Generell scheinen sich viele Menschen gar keine Gedanken darüber zu machen, was sie essen. «Erschreckenderweise zeigt sich das sogar bei angehenden Serviceleuten, die ich an der Berufsschule Zürich unterrichte. Nur wenige wissen, wie ein Lebensmittel entsteht, was in Brot steckt oder welche Arbeit dahintersteht. Kaum einer von ihnen hat schon selbst ein Brot oder Zopf gebacken.» Beim Thema gratis Brotkörbli ist laut Küchenchef Bernreiter zumindest unter Gastronomen ein Umdenken auszumachen. «Es gibt immer wieder Gäste, die am Mittag nur einen kleinen Salat bestellen, dazu aber fast ein halbes Brot essen. Hier wäre es vertretbar, einen Aufpreis zu verlangen. Und ich denke, der Gast ist durchaus bereit, diesen zu bezahlen, wenn er von der Qualität des Brotes überzeugt ist und das Angebot entsprechend wertig präsentiert wird.»

Déformation professionnelle

Davon ist auch Jens Jung, Initiant, Mitinhaber und Bäcker von «John Baker», überzeugt. «Ich sehe das vor allem im Ausland, beispielsweise in Tel Aviv. Dort wird Brot beim gemeinsamen Essen regelrecht zelebriert. Es wird auch extra mit Quark und Salz bestellt – und so auch verrechnet. Mit gutem Brot ist das einfach ein Genuss.» Als Gast im Restaurant sei er vielleicht nicht der Einfachste, denn er probiere und kommentiere das Brot auf dem Tisch immer. «Schon klar, déformation professionnell», sagt Jung lachend. «Aber es gibt einfach sehr viele Wirte, die in Brot nur einen Kostenfaktor sehen und möglichst wenig dafür ausgeben wollen. Das zeigt sich sofort und ist für mich auch ein Zeichen für mangelhaftes Management».
Generell schätze er Restaurants, die vom langweiligen Standard wie Spaghetti Napoli oder Jägerschnitzel abweichen würden. «Es gibt so viele Möglichkeiten für unkonventionelle Menükreationen – mit oder ohne Brot. Dabei geht es gar nicht darum, besonders abgehoben zu sein. Warum nicht mal eine Bratwurst mit Bürli im Restaurant essen?» Oder wie es der «Wilde Mann» mit seiner aktuellsten Kreation umsetzt: Käseschnitte mit getoastetem John Baker-Brot – mit Cheddar-Cheese, Bergkäse, gebratene Apfelspalten, Speck und Champignons sowie mit oder ohne Spiegelei. Eben: bodenständig gut.

Freude am Besonderen

Das Beliefern von Restaurants sei aber alles andere als einfach, betont Jung. Auch für «John Baker», der erst mit der Eröffnung des zweiten Betriebes am Helvetiaplatz wegen der erhöhten Kapazität akquiriert und gezielt auf Restaurants zugeht. «Es sind mehrere Herausforderungen: Das Brot muss geliefert werden, der Gastronom erwartet Mengenrabatt und bezahlt wird per Rechnung. Hinzu kommt das Qualitätsmanagement vor der Auslieferung. Beim Verkauf im Laden passiert das ganz automatisch und natürlich durch den Kunden. Bei Auslieferungen an Restaurants muss diese Qualitätskontrolle vorab bei uns erfolgen.» Bei täglich rund 40 Lieferungen sei dies nicht immer einfach. Nicht zuletzt, da Brot täglich natürlichen Qualitätsschwankungen unterliege. «Unter dem Strich lohnt es sich eigentlich gar nicht», sagt Jung. Und doch: Der Betrieb am Bahnhof Stadelhofen setzt rund ein Viertel mit Auslieferungen um, am Helvetiaplatz sind es aktuell ein Drittel. Für ihn steht fest: «Gastronomen, die zu uns finden, teilen ganz einfach unsere Freude zum Besonderen. Da ist es natürlich umso schöner, wenn wir – ähnlich wie beim Fleisch oder Gemüse – als Brotlieferant genannt werden.»

In und um Zürich ist der Name «John Baker» jedenfalls ein starkes Statement, das für den Qualitätsanspruch des Wirts steht.

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