Wir leben im 21. Jahrhundert. Ein Jahrhundert voller Technologie, 24-Stunden-Gesellschaft, egoistischer Lebensstyle, Food Waste in aller Munde und finanziell leben auf Sparflamme.

Was früher ein geschätztes Grundnahrungsmittel war, ist in der heutigen Zeit selbstverständlich. Täglich frisch, am liebsten noch warm. Dutzende bis Hunderte Sorten im Angebot, kurz vor Betriebsschluss noch volle Regale. So stellt sich der Kunde einen Besuch kurz vor Ladenschluss in einer Bäckerei vor. Dass kaum eine Bäckerei-Confiserie dies anbieten kann, ist verständlich. Jeder spricht von Food Waste, nichts soll unserer Umwelt zuliebe weggeworfen werden.

Täglich landen 24 % des Brotes in der Schweiz auf dem Müll. Wer möchte heute ein Brot essen, das er gestern gekauft hat und bereits angetrocknet ist? Es gibt für CHF 2.80 bereits ein frisches Brot aus dem Tankstellenshop, sogar noch warm – und dies abends um 20.00 Uhr.

Wir leben in einer widersprüchlichen und verlogenen Welt. Jeder und wirklich jeder spricht davon, das regionale Gewerbe müsse man unterstützen und fördern. Gleichzeitig geht man in ein 15 km entferntes Einkaufszentrum und kauft beim Grosshändler irgendwelche Import-Lebensmittel aus aller Welt ein.

Das Altbrot

Das Brot ist ein Nahrungsmittel, welches über Jahrhunderte existiert und in den härtesten Zeiten sogar als Zahlungsmittel eingesetzt worden ist. Aber: Ist es verständlich, warum wir unser Altbrot nicht den Tieren verfüttern dürfen, welche gemästet werden und in die Schlachtung gehen? Für uns gut genug, doch das Lebensmittelgesetz verbietet das Verfüttern von altem Brot an Masttiere.

Unsere Gesellschaft und unsere Gesetze befinden sich in einem Teufelskreis.

Dieser dreht sich seit Jahren, niemand will es sich eingestehen und Verantwortung übernehmen.

Wir sprechen alle darüber: Wir müssen unsere Arbeitsstellen sichern und wertschätzen. Machen wir das wirklich, wenn wir in Grossverteilern oder im nahen Ausland einkaufen gehen und im Tankstellenshop unser tägliches Brot holen, welches beispielsweise aus Polen stammt? Sind aus Osteuropa importierte Backwaren tatsächlich ökologisch? Dies nur, um sie einige Rappen unter dem Marktpreis anbieten zu können. Denn dieses Getreide wird nicht nach Schweizer Richtlinien angebaut.

Für unsere Autos verwenden wir nur den allerbesten Treibstoff, da ist uns kein Franken zu schade. Jedoch für unseren eigenen Körper verwenden wir oftmals nur das Günstigste und Wertloseste als Treibstoff.

Gebt acht auf unsere Wirtschaft, unsere Produzenten und auf unsere Kultur !

Denn unsere kleine Schweiz ist genau aus diesem Grund eines der höchst zivilisierten Länder der Welt geworden. Fahren wir so weiter, macht unser Land einen grossen Schritt zurück. Geben wir dem täglichen Brot etwas mehr Wertschätzung – altes Brot weiterverwenden als Paniermehl, im Auflauf oder in einer Kaltschale.

Norman Hunziker

Norman Hunziker ist Bäcker-Konditor-Confiseur (beide Fachrichtungen) und Koch sowie Teamcaptain der Schweizer Junioren-Kochnationalmannschaft.

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