Wenn ich eine Bäckerei betrete, dann erwarte ich ein einladendes Ambiente. Angenehme Lichtverhältnisse – ich muss mich Wohl- und Willkommen fühlen. Ob rustikal oder modern eingerichtet, meine Beachtung gilt sauberen, gepflegten Möbeln und einer harmonischen Einrichtung. Krümel auf der Theke – ein No-Go. Gepflegtes Personal in einheitlicher und sauberer Kleidung vermitteln ein stimmiges Gesamtbild und Professionalität.

Aufgrund eines Unfalles, verfüge ich über keinen Geruchssinn mehr. Da ich mich auch nicht mehr an Düfte von frisch gebackenem Brot, süssem Hefegebäck oder warmen Kaffee erinnern kann, kommt dieses wichtige Kaufkriterium bei mir leider nicht zum Zuge. Es sind andere Sinne und Eindrücke welche mich stark beeinflussen und zu spontanen Zusatzkäufen «verführen».

Wichtig ist für mich eine überschaubare Präsentation der Brote, Torten, Guetzli und Snacks. Bei genügend Platz, möchte ich mir diese wunderbaren Produkte anschauen und in Ruhe auswählen können. Meine Sinne richten sich nach den Formen und Farben dieser Köstlichkeiten. Fantasievolle Brotnamen wie z.Bsp. Morgensonne oder Dinkeltraum empfinde ich als innovativ und emotional.  Die Frische der Produkte soll klar erkennbar sein, ein verwelktes Salatblatt im Sandwich wirkt für mich lieblos und ich frage mich wie alt ist dann der Rest? Spannend finde ich auch immer wieder, wie ein scheinbar einfaches Produkt wie ein «Gipfeli» in völlig unterschiedlichen Varianten daherkommen kann.  Handwerk eben!

Nebst der Wohlfühlfaktor und der Warenpräsentation, komme ich zum Herzstück eines jeden Betriebes. Dem Personal. Ein Lächeln, ein kurzer Blickkontakt reichen oft schon aus, um ein gutes Gefühl zu vermitteln. Da ich in meinem Beruf selbst mehrere Jahre an der Front tätig war, ist mir bewusst wie hoch die Anforderungen sind. Wir Kunden sind so vielfältig, wie die Produkte, welche angeboten werden. Kundschaft der verschiedenen Altersgruppen, mit mir scheinbar zum Teil immer höher werdenden Erwartungen und Bedürfnissen, zufrieden zu stellen, ist eine Herausforderung.

Professioneller Kundenservice ist die Kunst, auch bei hektischen und schwierigen Situationen freundlich zu bleiben. Der alte Spruch «Der Kunde ist König» hat immer noch eine starke Bedeutung. Die heutige Alternative jedoch wird als «Kundenbeziehung auf Augenhöhe» betrachtet, was mir persönlich sympathiescher und zeitgemäß erscheint. Kenntnisse über die Produkte sind zudem unerlässlich.

Was für mich ebenfalls sehr wichtig ist und mich als Kundin bindet, ist der Aspekt der Nachhaltigkeit.  Von einer Bäckerei, welche je nach Standort vor allem von der Kundschaft aus der Region lebt, erwarte ich ebenfalls regionale, hochwertige und saisonale Produkte. Zudem wünsche ich auch vegetarische Alternativen wie Snacks mit Hummus, Grillgemüse oder veganen Aufstrichen. Dies erscheint mir wichtig für die Kundenbindung der jungen Kundschaft, welche sich zunehmend fleischlos oder fleischreduziert ernährt. 

Ein Sandwich mit Fleisch aus dem Ausland weckt bei mir übrigens die gleichen Gefühle wie Krümel auf der Theke. Qualität vor Quantität. Verständlich, wenn aus finanziellen Gründen nicht immer umsetzbar. Sympathisch finde ich auch, wenn Lieferanten aus der Region ersichtlich sind. Was ich nicht erwarte, sind volle Regale bis Ladenschluss! Im Gegenteil – es gibt mir ein gutes Gefühl, denn was abends nicht mehr im Regal liegt, wurde verkauft und muss nicht entsorgt werden. Die meisten Kunden, denke ich, können sich die gewünschten Produkte bereits am Morgen oder über Mittag besorgen oder diese früh genug bestellen. Food Waste – ein Problem welches sowohl die Konsumenten als auch die Erzeuger betrifft.  Eine entsprechende eigene Werbekampagne könnte eventuell zur Aufklärung und zu mehr Verständnis führen. 

Nachdem ich mir nun so intensiv Gedanken betreffend meine Erwartungen an eine Bäckerei gemacht habe, fällt mir noch auf, dass in keiner der von mir frequentierten Bäckereien Musik im Hintergrund läuft.  Leise Jazz- oder klassische Musik würde mich wohl ebenfalls positiv beeinflussen.

Ich wünsche mir sehr, dass die Branche auch in Zukunft noch interessierten Nachwuchs gewinnen kann und wir dieses einmalige Einkaufserlebnis beim Beck nicht missen müssen.  Mein kürzlicher Besuch an den SwissSkills 2025 in Bern, hat bei mir auf jeden Fall grossen Respekt für die jungen Teilnehmer hinterlassen – Chapeu! – sowie Hoffnung für die Zukunft der handwerklichen Berufe geschöpft.

Andrea Lobsiger
Foto: zvg


Andrea Lobsiger arbeitet als Assistentin Individualkundenbetreuung bei der Raiffeisenbank. In ihrer Freizeit ist die Thurgauerin unter anderem als Einrichtungsberaterin tätig.


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