Berufsmessen und die Ausstellungen der Lernenden finden seit einem Jahr – wenn überhaupt – fast nur online statt. Die Verbandsverantwortlichen in den Regionen schätzten die Folgen unterschiedlich ein.

Die Berufsmessen im Raum Basel, Bern, Luzern, St. Gallen und Zürich wurden vor Covid-19 rege besucht. «panissimo» fragte Verantwortliche der betroffenen SBC-Sektionen, wie es ohne diese Events um die Nachwuchswerbung steht.

Dabeisein ist ein Muss

Bern: Die Berner Ausbildungsmesse (BAM) sowie kleinere Berufsmessen und Gewerbeausstellungen fielen im Kanton aus. Das habe Auswirkungen, meint Johann Eichenberger, Präsident der Bäcker-Confiseure Bern – Solothurn.

«Ich bin optimistisch, dass wir die Lernenden finden, die wir brauchen.»
Johann Eichenberger, Langnau im Emmental


Darum sei nun die Präsenz der Branche online und in den sozialen Medien, der Austausch mit der Lehrerschaft und das Anbieten von Schnupperlehren wichtig. «Das Mitmachen an der BAM ist für uns ein Muss. Unser Stand stösst jeweils auf grosses Interesse», sagt der Bäckermeister aus Langnau im Emmental. Der Kantonalverband macht auch bei deren virtueller Durchführung mit. Welche Zukunft Berufsmessen noch haben, müsse aber die Zukunft zeigen. «Ich bin optimistisch, dass wir die Lernenden finden, die wir brauchen», sagt Eichenberger, «unser Beruf erlebt als Folge der Corona-Pandemie einen Hype, auch bei der Kundschaft.»

Christian Muralt, Präsident der Bäcker-Confiseure Region Bern, sieht die neuen Online-Angebote der Berufsmessen nur bedingt als Alternative. «Das direkte Erleben des Berufs fehlt dabei. Deshalb sind nun Schnupperlehren wichtig». Er selbst empfängt Schnupperlernende für Produktion und Detailhandel.

Präsentationsmöglichkeit fehlt

St. Gallen: Der Wegfall der Auftritte an der Ostschweizer Bildungs-Ausstellung (OBA) und der Frühjahrsmesse Offa sei für die Rekrutierung von Lernenden im letzten Jahr noch kein Problem ge­wesen, in diesem Jahr könne es aber anders sein, glaubt Stefan Thalmann, Sekretär der Ostschweizer Bäcker-Confiseure.

«Wir vermissen die Offa als Plattform zur Präsentation der Berufe.»
Peter Müller, Uzwil

Alternative Wege der Nachwuchswerbung seien bisher noch kein Thema, Schnupperlehren fänden ja zum Glück weiterhin statt. «Wie es um die Lernendenzahlen 2021 steht, ist derzeit noch offen», erklärt Thalmann. «Wir vermissen die Offa als Plattform zur Präsentation der Berufe in der Bäckerei-Confiserie», so Peter Müller aus Uzwil, OK-Präsident des Offa-Standes. «Es geht um die Förderung des Berufsnachwuchses», erklärt er den Hauptzweck des Messeauftritts. Dieser eigne sich in mehrfacher Weise gut zum Präsentieren der Berufe: durch die gezeigten Arbeiten, die Lernenden an der Arbeit sowie das Zöpfeln für Kinder.

Zu wenige Berufsbildner

Basel: Der Berufsverband sei vom Wegfall der Berufsmessen wenig betroffen, der Verband spare damit sogar Geld und es gebe Online-Tools als Alternative, so Emanuel Buchmann, Präsident ad interim der Bäcker-Confiseure Regio Basel. Er sieht trotzdem Schwierigkeiten, genügend geeignete Lernende zu finden. Für die Konditorei-Confiserie sei dies kein Problem, wohl aber für die Bäckerei-Konditorei und den Detailhandel. Dort finde man eher schwächere Jugendliche, die für eine Attestlehre in Frage kämen. Zudem gebe es nicht genug Berufsbildner für die Bäckerei-Konditorei und den Detailhandel. «In der Region Basel fehlen Top-Verkäuferinnen, Detailhandels-Expertinnen und Produktionsleiter/innen.» Die mei­sten Lernenden seien Frauen, von denen viele nach einigen Jahren den Beruf verliessen. «Gute Fachleute zu finden ist schwierig», sagt Buchmann. Dass wieder geburtenstärkere Jahrgänge aus der Schule kämen, sei da nur ein kleiner Lichtblick.

Auswirkungen für 2022

Luzern: 2020 wurde die üblicherweise von vielen Schulklassen und Eltern mit Kindern besuchte Zen­tralschweizer Bildungsmesse (Zebi) in Luzern abgesagt. Damit fand auch die dort geplante Lehrlingsausstellung ManuArtis online und ohne externe Besucher in drei Berufsschulen statt.

«Ich sehe nicht so schwarz.»
Josef Kreyenbühl, Luzern

Nach Aussage des Luzerner Kantonalpräsidenten Josef Kreyenbühl dürfte sich der Wegfall der letzten Zebi noch nicht auf die Lernendenzahlen 2021 auswirken. Für nächstes Jahr könne es anders sein. «Ich sehe nicht so schwarz», sagt Kreyenbühl. Es gäbe im Kanton noch eine grosse Vielfalt an Bäckereien-Confiserien, die Zahl der Schulabgänger/innen steige und: «Gute Schüler wollen mit Kopf und Händen arbeiten. Das kann unser Beruf bieten.»

Aufs Positive fokussiert

Zürich: Der Zürcher Kantonalpräsident Peter Lyner aus Winterthur erachtet die Situation nicht als tragisch. «Das Glas ist halb voll», meint er und ergänzt, man müsse sich aufs Positive konzentrieren. Die Bäckereien-Confiserien würden weiterhin Schnupperlehren anbieten. «Alle, die wollen, finden einen Platz zum Schnuppern», ist Lyner überzeugt. In seinem Betrieb sei er für die nächsten sechs Wochen ausgebucht und könne die besten Lernenden auswählen.

«Alle, die wollen, finden einen Platz zum Schnuppern.»
Peter Lyner, Winterthur

Das Problem liege eher darin, dass Eltern ihre Kinder nicht rechtzeitig zum Schnuppern anhalten würden. Lyner sieht keine negativen Folgen der im November ausgefallenen Berufsmesse Zürich. «Die Plattform yousty.ch bringt mir mehr Schnupperlernende als die Berufsmesse», so Lyner. Dass die Ausstellung Decorissima nur online stattfindet, sei weniger für die Nachwuchswerbung von Nachteil als für die Motivation der Lernenden. Doch die Arbeiten könnten ja im eigenen Laden ausgestellt werden.

Lehrlingsausstellungen sind online zu sehen

Neben den Berufsmessen finden auch die für die Präsentation der Berufe wertvollen Schaustück- und Decor-Ausstellungen der Lernenden pandemiebedingt nur online oder teils gar nicht statt. Ein Blick in die Online-Präsentationen lohnt sich:

Aktuell für BS/BL: Artificia, Muttenz
Ab 12. März für TG: Kreativa, Weinfelden tg.obc.ch
Ab 1. April für ZH: Decorissima, Winterthur decorissima.ch

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