Pflanzliche Rohstoffe sind je nach sortenspezifischen Eigenschaften und Witterung während der Vegetations- und Ernteperiode unberechenbaren Einflüssen unterworfen. Das kann grosse Auswirkungen auf die Erträge, die Verarbeitungseigenschaften und die sensorische Qualität haben.

Das Extreme zeigt sich in diesem Jahr bei den Kartoffeln, wo beim Graben danach beinahe Finderlohn bezahlt werden muss, so klein fallen die Knollen teilweise aus. Beim Getreide machen geringe Hektolitergewichte, Ertragsausfälle und Pilzerkrankungen wegen andauernder Niederschläge Sorgen, wobei nach ersten Einschätzungen die Westschweiz vermutlich mit etwas besseren Ergebnissen und Qualitäten aufwarten kann. Doch wie sieht es bei Früchten, Mandeln, Nüssen, Kakao, Kaffee und allen anderen Kulturen weltweit aus? Dies wird sich erst noch weisen.

Der Einkauf von Rohstoffen ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, die mit Qualitätsvorgaben / Spezifikationen zu jedem Produkt erleichtert werden kann, beim Brotgetreide z. B. nach Klassen. Auf den weiteren Verarbeitungsstufen wird das Getreide in qualitativer Hinsicht analysiert, bevor es je nach Qualität in verschiedenen Mengenverhältnissen prozentual zu einem Mahlposten zusammengestellt wird. Der Müller ist somit der «Önologe» der Bäcker und setzt alles daran, eine gute Mehlqualität zu ermahlen, was nicht immer einfach ist.

Wir meinen, mit natürlichen Schwankungen müssten wir aus den erwähnten Gründen leben und bei den Konsumenten Verständnis einfordern, dass ein Produkt mit natürlichen Zutaten ihre «normierten» Erwartungen nicht immer ganz erfüllen kann. Dies ist jedoch ein Wunschdenken.

Die Erfahrung zeigt, dass Abweichungen von der Norm schnell zu Reklamationen und Kundenunzufriedenheit führen.

Um als Produzent von Lebensmitteln bei Anlagen und Prozessen möglichst wenige Parameter verändern zu müssen, fordern Industrie und gewerbliche Betriebe Rohstoffspezifikationen ein, die vom Lieferanten (oft auch mit vertraglichen Abmachungen) zu erfüllen sind. Können die gewünschten Anforderungskriterien nach besten Regeln der Praxis und Technik nicht oder nur knapp erreicht werden, kommen aus verständlichen Gründen schnell Forderungen nach weiteren Massnahmen, z. B. Erhöhung der Importkontingente, auf den Tisch. Fakt ist, dass nur eine konstante Qualität der Ware in Form, Aussehen sowie organoleptischen Eigenschaften (Geruch, Geschmack, Struktur, Farbe, Volumen usw.) bei der Kundschaft willkommen ist.

Kann ein Produkt nicht in der gewünschten Qualität geliefert werden, steht schnell einmal eine kleine oder grössere Aufgabenstellung ins Haus, die im Extremfall in einem juristischen Nachspiel münden kann, denn Abweichungen von Spezifikationen mit einem möglichen Produktions- oder Auslieferstopp bringen nebst dem monetären auch einen Imageschaden für die betroffene Firma, weshalb sie ihrerseits auf Schadenersatz klagen wird.

Rohstoffspezifikationen einfordern

Jeder muss auf seiner Stufe sicher sein, dass die bestellten Rohstoffe, Halbfabrikate, aber auch Fertigprodukte die erforderliche Beschaffenheit erfüllen, sei es in hygienischer, sensorischer, qualitativer oder verarbeitungstechnischer Hinsicht.

Ist es nicht möglich, die festgelegten Spezifikationen zu erfüllen, ist eine frühzeitige Mitteilung an die Betriebe notwendig, damit die verantwortlichen Personen die Rezepturen und einzelnen Prozesse anpassen und, falls erforderlich, die Kunden informieren können. Wenn bei einem Produkt aus unerklärlichen Gründen Qualitätsmängel auftreten, sind die Spezifikationen hilfreich, um festzustellen, ob die gelieferte Ware den geforderten Qualitätsparametern entspricht. Im Zweifelsfall muss eine Analyse durchgeführt werden, die aufzeigen soll, ob die Angaben auf dem Papier mit der gelieferten Ware übereinstimmen oder eben nicht.

Lebensmittel immer sicherer

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Beschaffung drastisch verändert. Heute ist es möglich, beinahe alle Rohstoffe, Halbfabrikate sowie Fertigprodukte aus einer Hand zu beziehen, unter besten Voraussetzungen (Monitoring der Kühl- und Tiefkühlkette) zu transportieren und am Bestimmungsort umgehend einzulagern. Mit einer wöchentlichen Anlieferung ist die Grundlage geschaffen, das Warenlager tief zu halten.

Strenge Eingangs- und Qualitätskontrollen bei den Zulieferanten halten die Risiken für die weiterverarbeitende Stufe möglichst tief, was sich bei Konditorei- und Confiserie-Erzeugnissen in den Ergebnissen mikrobiologischer Untersuchungen zeigt. Dieses Bild bestätigt sich zumindest in den Audits und Probenerhebungen aus den vergangenen Jahren, wo kaum mehr ein Produkt wegen Überschreitungen von Toleranzwerten negativ auffiel. Worüber sich die Betriebe vermehrt Gedenken machen müssen, sind die steigenden Temperaturen in den Sommermonaten, die für Produkt und Mensch belastend sind.

Allergene und Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Die Zunahme von Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Allergien in der Bevölkerung stellen die Branche vor eine grosse Herausforderung. Dies, weil aufgrund der Produktionsprozesse und der Warenflüsse eine Kontamination nicht immer mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Bei den gelieferten Rohstoffen, Halbfabrikaten und Zusatzstoffen muss man sich darauf verlassen können, dass die Deklarationen verlässlich sind und mit den Spezifikationen übereinstimmen.

Die Mitarbeitenden müssen ihrer Tätigkeit entsprechend geschult und gut über den Umgang mit Roh-, Zwischen- und Fertigprodukten informiert sein. Es gehört zum guten Image des Fachgeschäfts, dass es innert kurzer Zeit Auskunft zu Zusammensetzung und möglichen Allergenen geben kann. Wenn ein allergener Stoff (siehe Kasten) nicht vollständig ausgeschlossen werden, sagt man lieber klipp und klar: «Ja, dies ist drin.»

Rückverfolgbarkeit der Ware

Eine zeitgerechte Produktion mit direkter Abgabe an die Konsumenten erleichtert den administrativen Aufwand punkto Rückverfolgbarkeit erheblich. Anders sieht es bei Betrieben aus, welche die Produkte über Handelsfirmen oder Grossverteiler vertreiben. Hat ein regional verankerter Kleinbetrieb die Chance, an einen Grossverteiler zu liefern, ist dies ein Bekenntnis zur Region und zu einem bekannten, guten Qualitätsprodukt des Hauses.

Wenn sich solche Möglichkeiten bieten, können folgende Überlegungen hilfreich sein: Lassen die vorhandenen Räumlichkeiten und personellen Voraussetzungen einen grösseren Ausstoss zu? Ist die Rückverfolgbarkeit der einzelnen Rohstoffe (Chargen), des Transports, der Deklaration verlässlicher Hinweise auf Allergene bis hin zur Nährwertkennzeichnung zuverlässig sichergestellt? Sollten Unsicherheiten auftreten, ist es ratsam, direkt den Kontakt mit dem Einkäufern bzw. der QS-verantwortlichen Person zu suchen.

Doch warum diese Hosenträger- und Gurtpolitik? Kein Firmenkunde möchte wegen unzureichender Qualität, Irreführung, Verwechslung einer Zutat oder gar einer Gesundheitsgefährdung (Rückrufaktion) im Fokus der Medien stehen. Jeder will sicher sein, dass die angebotenen Produkte in jeder Hinsicht einwandfrei sind. Muss ein Rückruf der Ware mit ihrer Vernichtung erfolgen, ist dies immer ein herber Image- und Kapitalverlust.

In einem hart umkämpften Brot- und Verpflegungsmarkt muss die Qualität der Produkte vom ersten bis zum letzten Bissen stimmen.

Treten zu grosse Schwankungen auf, müssen die Fehler gesucht und mit notwendigen Massnahmen korrigiert werden, denn eines ist sicher, nur glückliche Kunden sind zufriedene Kunden und bezahlen für ein Produkt auch gerne den verlangten Preis.

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