Obwohl Werte die Grundorientierung, die «Leitsterne» in unserem Leben sein sollten, gelten heute in weiten Teilen der Wirtschaft ganz andere Werte als in unseren zwischenmenschlichen Alltagsbeziehungen.

Die Kombination aus Gewinnstreben und Konkurrenz – die fundamentale Antriebsstruktur der «freien» Marktwirtschaft – belohnt die gegenteiligen Verhaltensweisen, die unsere zwischenmenschlichen Beziehungen gelingen lassen. In den Freundschaftsbeziehungen geht es uns gut, wenn wir einander vertrauen können, wenn wir uns gegenseitig helfen, teilen, einander empathisch zuhören, mitfühlen und die Bedürfnisse der anderen genauso ernst nehmen wie die eigenen. Auf dem Markt setzt sich dagegen der Schnellere und Rücksichtslosere, der egoistische Ellenbogen-Kämpfer durch, der vorrangig auf den Unternehmensgewinn achtet. Einem Freund helfe ich gerne. Einem Konkurrenten aus Prinzip nicht.

Das ist zutiefst widersprüchlich. Dieser Wert-Widerspruch spaltet uns innerlich. Die Rede von den «europäischen Werten» ist peinlich, wenn diese am Vormittag ganz anders aussehen als am Abend. Wir können untertags schlecht als Konkurrenz-Gegner betrachten und in Hierarchien leben und am Abend auf Mitmenschlichkeit, Fürsorge und Solidarität umschalten. Es kann nur eine Ethik geben. Wenn es zwei Ethiken gibt, färbt die eine Sphäre zwangsläufig auf die anderen ab. Genau das ist heute der Fall: Die Werte der Wirtschaft prägen die gesamte Gesellschaft. Der kapitalistische Charakter formt den «Gesellschaftscharakter».

Die Wirtschaft allgemein und die Food-Branche im speziellen sind in einem unglaublich schnellen Umbruch. Stichworte wie Rationalisieren, Arbeitsplätze auslagern, Industrie 4.0, Lehrlingsmangel, Konzentration auf das Grosse, veränderte Lebensgewohnheiten etc. beeinflussen unsere zukünftigen Strategien. Hat es in diesem schwierigen Umfeld für KMU in unserer Branche noch Platz?

Ich meine, mehr denn je können gerade wir Kleinbetriebe uns Abheben über das Leben von Berufsethik und Einhalten von Werten. Potentielle Kunden reagieren sehr sensibel auf Themen wie: Nachhaltigkeit (Food waste, Ökologie, Regionalität etc.) sowie Aus- und Weiterbildung. Nutzen wir diese Chance und kommunizieren wir solche Werte auch? Sind für uns Lernende einfach nur billige Arbeitskräfte oder begleiten und führen wir sie mit entsprechendem Einsatz und Berufsethik zum Ziel einer soliden Ausbildung.

Einer der wichtigsten Werte, welchen wir im Gegensatz zu den Grossverteilern ausspielen können, ist die Authentizität, die Leidenschaft, mit welcher wir das Geschäft betreiben. Die Kunden wollen hinter einem Betrieb Menschen sehen, und dazu eignen sich vertrauenswürdige Geschäftsleute am besten.

Ich erlaubte mir sogar, in unseren Geschäftsräumen über das Aufhängen von Kreuzen zu manifestieren, dass das Christentum meine Wertebasis ist!

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