Die klassische Schnupperlehre hat etwa in Banken oder Telekommunikationsunternehmen ausgedient. Nicht aber in der Bäckerei-Confiserie-Branche – hier ist das Rekrutierungsinstrument geradezu unentbehrlich.

«Hat die Schnupperlehre ausgedient?» So lautete der Titel eines SRF-Artikels von Ende Dezember. Nach Recherche der SRF gibt es grössere Unternehmen, welche die klassische Schnupperlehre schon längere Zeit nicht mehr anbieten. So beispielsweise die Zürcher Kantonalbank (ZKB) oder die Swisscom AG. Die ZKB setzt wegen der grossen Nachfrage auf Gruppen­events. Das Telekommunikationsunternehmen wiederum bietet Erlebnistage für Gruppen an. Wegen der Corona-Pandemie habe der Info-Event dieses Jahr per Videokonferenz stattfinden müssen. Die Swisscom plant, das Online-Format auch nach Corona fortzuführen.

Covid-19 setzt der Schnupperlehre zusätzlich zu. Viele Bäckerei-Confiserie-Betriebe verzichten aufgrund von Corona darauf, Besucherinnen und Besucher zu empfangen. Anderen ist es aufgrund der vorgeschriebenen beschränkten Anzahl Personen in den Verkaufsläden nicht möglich. «Das direkte Erleben unserer Berufe, die Leidenschaft, das faszinierende Handwerk – all dies fehlt. Deshalb sind die Schnupperlehren für unsere Branche besonders in dieser Situation eminent wichtig», betont Silvan Hotz, Präsident des Schweizerischen Bäcker-Confiseurmeister-Verbands, gegenüber der «Schweizerischen Gewerbezeitung» und ergänzt: «Hier entsteht der direkte Kontakt zu den potenziellen Nachwuchsleuten und zu den Eltern.»

Mit der Materie bekannt machen

Dieser Aussage stimmt der SBC-Bildungsverantwortliche Peter Signer zu: «Für handwerkliche Berufe sind Schnupperlehren ein sehr wichtiges Instrument für die Rekrutierung von zukünftigen Lernenden. Nicht nur für den Berufsbildner, der die Kandidaten eins zu eins erleben kann, sondern vor allem für die Bewerberinnen und Bewerber», erklärt er und ergänzt: «Sie werden mit der Materie bekannt gemacht und sehen, was es bedeutet, Canapés zu belegen, Pralinen zu chemisieren oder einen Brotteig aus der Teigmaschine zu nehmen.» Die Jugendlichen würden sofort spüren, ob sie die Tätigkeiten, Materialien und Rahmenbedingungen ansprechen, so Signer. Auf der anderen Seite gebe es der Berufsbildnerin oder dem Berufsbildner die Möglichkeit, den Schnupperkandidaten und -kandidatinnen das Berufsbild und die Möglichkeiten genau aufzuzeigen. «In den Schulen wird dies, wenn überhaupt, mehr schlecht als recht gemacht», bedauert Signer. Natürlich seien auch die Zeugnisse und Eckdaten sehr wichtig. «Primär das Lern-, Arbeits- und Sozialverhalten sowie die Noten in den einzelnen Fächern. Ebenso aussagekräftig sind die Hobbys, aus denen viel abgeleitet werden kann.»

Begeisterung weitergeben

Auch für Schülerinnen und Schüler, die sich für eine Ausbildung im Detailhandel interessieren, ist die Schnupperlehre enorm wichtig. Die Auswahl ist mit 28 verschiedenen Branchen sehr gross.

«Die Jugendlichen haben die Möglichkeit, den Profis über die Schultern zu schauen und einen ersten Einblick zu gewinnen.»
Lisa Frunz, SBC-Ressortleiterin Detailhandel

In der Bebié Konditorei Confiserie GmbH in Luzern beispielsweise werden zweitägige Schnupperlehren angeboten. Dafür werde ein persönliches Motivationsschreiben erwartet. «Das hilft uns bei der Selektion», begründet Lisa Frunz, SBC-Ressortleitern Detailhandel, und fährt fort: «Letztes Jahr hatten wir sehr viele Anfragen, da nicht in allen Branchen Schnuppertage angeboten werden konnten.»

Während den zwei Tagen haben die Jugendlichen die Möglichkeit, den Profis über die Schultern zu schauen und einen ersten Einblick zu gewinnen. Im Vordergrund stehe der direkte Kontakt mit den Lernenden und Mitarbeitenden. «Wir nehmen uns Zeit, Fragen zu beantworten und unsere Begeisterung für den vielseitigen Beruf weiterzugeben», erklärt Frunz. Bei Interesse an einer Lehrstelle und einem erfolgreichen Vorstellungsgespräch kommen die Kandidatinnen und Kandidaten nochmals vier Tage zu uns in den Betrieb», fährt die Luzerner Branchenfrau fort. Dabei stehe der Umgang mit Kunden, die Produkte und die Fingerfertigkeit für die Geschenkartikel im Zentrum.

Auch würden die Schülerinnen und Schüler kleinere Arbeitsaufträge übernehmen. «So können wir die Sozial- und Arbeitskompetenz
besser abschätzen», zeigt die Geschäftsleiterin auf. Auch die Schulnoten werden angeschaut, ob es unentschuldigte Absenzen gibt – und das private Umfeld. «Da wir ein kleines, familiäres Team sind, wird unsere neue Lernende, unser neuer Lernender gemeinsam ausgewählt – dies wäre ohne Schnupperlehre gar nicht möglich», unterstreicht Lisa Frunz abschliessend.

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